Ein Terrorverdächtiger, der am Freitag in Wien festgenommen wurde, war als Kleinkrimineller bekannt. Der 18-Jährige hatte sich zuletzt in einem radikalen albanisch-islamistischen Milieu bewegt, sagte Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, am Samstag. Es gebe "Hinweise, dass ein Anschlag sehr zeitnah geplant" war, berichtete Konrad Kogler, Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit.

Eine Bombe in der U-Bahn in Wien sei "eines der möglichen Szenarien gewesen", betonte Kogler im Ö1-Morgenjournal. Ob der Verdächtige Kontakte ins Ausland gehabt habe, wollte er mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen. Laut "Kronen Zeitung" habe der Festgenommene "dem IS die Treue geschworen" - und sich Baupläne zum Bombenbau aus dem Internet besorgt.

"In den vergangenen Tagen und Wochen hat es eine sich verdichtende Verdachtslage gegeben, die sich insbesondere auch aus Informationen von Behörden aus anderen Ländern ergeben haben", sagte Grundböck zur APA. Die Ermittlungen seien vom Bundesamt für Verfassungsschutz geführt worden. "Die Person war jederzeit unter Kontrolle", betonte der Sprecher des Innenministeriums.

Am Freitag noch präsentierten die Ermittler ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit
Am Freitag noch präsentierten die Ermittler ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit © APA/HANS PUNZ

Die Festnahme am Freitag um 18.00 Uhr sei aus der Observation heraus in Favoriten in unmittelbarer Nähe der Wohnadresse des Verdächtigen erfolgt. Vollzogen wurde damit ein justizieller Haftbefehl wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. und 6000 Polizisten, die Stadt Wien und - wegen des möglichen Anschlagsziels U-Bahn - die Wiener Linien waren im Vorfeld vom Terrorverdacht informiert worden.

Mehrere Hausdurchsuchungen

Hausdurchsuchungen seien an mehreren Adressen in Wien und Niederösterreich durchgeführt worden. Dabei sei Material beschlagnahmt worden, das nun ausgewertet werde, sagte Grundböck, ohne Details zu nennen. "Es gibt auch laufende Vernehmungen von Bezugspersonen", sagte der Ministeriumssprecher. Sowohl für die Auswertung der Aussagen als auch des bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Materials sei umfangreiche Detailarbeit notwendig, die entsprechend Zeit in Anspruch nehme.

Gründliche Einvernahme

Bei den Einvernahmen wird der Verdächtige laufend mit Dingen konfrontiert, die bei den Hausdurchsuchungen zutage kommen. Man gehe Detail für Detail durch, so Grundböck. "Und das dauert länger."

Erhöhte Polizeipräsenz

Die zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen der Polizei in Wien blieben bis zum Abschluss der Ermittlungen aufrecht, erklärte Grundböck. Konkret geht es um eine erhöhte Präsenz von Beamten in Uniform und zivil an stark frequentierten Plätzen. Die Bevölkerung wurde zu Wachsamkeit aufgerufen.

Terrorgefahr nicht gestiegen

Die Terrorgefahr in Österreich ist in den letzten Tagen und Wochen nicht gestiegen, europaweit sei sie freilich wegen der Schwäche des IS im Nahen Osten seit längerem größer. Die Festnahme des Terrorverdächtigen gestern in Wien zeige, dass die Behörden funktionieren, betonte der Politikwissenschafter Thomas Schmidinger am Samstag. Er mahnte zu besonnener Reaktion auf solche Vorfälle.

Österreich sei nicht stärker bedroht als andere europäische Länder, aber "auch keine Insel der Seligen". "Wir sind grundsätzlich genauso im Fokus wie andere Länder in Europa", konstatierte Schmidinger, das habe auch die gestrige Festnahme eines 18-Jährigen, der offenbar einen Anschlag plante, gezeigt. Mit solchen Vorfällen "werden wir wahrscheinlich in nächster Zeit noch öfter zu tun haben" - aber diese Verhaftung bedeute nicht, dass die Terrorgefahr jetzt größer ist als vor einem Jahr.

Für Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat die Festnahme gezeigt, "dass wir vorbereitet sind, aber es zeigt natürlich auch ganz klar, dass es eine absolute Sicherheit nicht gibt". Man habe lange vor solchen Situationen gewarnt. Man müsse nun den Weg zur Terrorbekämpfung gemeinsam mit dem Innenministerium weiter gehen, drängte Doskozil etwa einmal mehr auf die Umsetzung des vereinbarten Sicherheitskabinetts für Krisenfälle.