Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat sich für eine europaweite Flüchtlingsobergrenze ausgesprochen. Künftig sollen keine Asylanträge mehr auf europäischem Boden gestellt werden, sondern nur noch in "Verfahrenszentren" außerhalb der EU, heißt es in einem Konzept Doskozils, das das Verteidigungsminister der  "Bild"-Zeitung zugespielt hat. "Es geht darum, die verfehlte europäische Asylpolitik zu beenden: Wir müssen uns alle eingestehen und ehrlich sagen, dass die Aufnahmekapazitäten in der EU begrenzt sind", schreibt Doskozil. "Wir müssen die illegalen Einreisen unterbinden." Der Plan sieht Asyl- und Migrationszentren für die Asylantragstellung in relevanten Drittstaaten wie dem Niger, Jordanien oder Usbekistan vor. Dorthin sollten auch im Mittelmeer aus Seenot gerettete Flüchtlinge gebracht warden.

Grobentwurf wurde bereits diskutiert

Ein Grobentwurf wurde bei zwei Treffen zentraleuropäischer Verteidigungsministern in Wien bereits besprochen. Doskozil hat den Plan nun konkretisiert. Dies bestätigte sein Sprecher der Kleinen Zeitung. Das Papier soll im Februar bei einem gemeinsamen Treffen mit den Verteidigungs- und Innenminister mehrerer zentraleuropäischer Staaten abgestimmt und erst dann in Brüssel präsentiert warden. Doskozil hat die Pläne bereits an seine Regierungskollegen Wolfgang Sobotka und Sebastian Kurz (beide ÖVP) übermittelt.

In den Zentren sollen Asylverfahren "menschenrechtskonform und nach EU-Standards durchgeführt werden", fordert Doskozil. Nach ausführlicher Prüfung jedes Antrages solle dann "eine begrenzte Anzahl von Personen" legal in die EU einreisen dürfen. "Bei der Integration von Asylberechtigten ist unbedingt auf die Kapazitätsgrenze eines Landes zu achten." Menschen ohne Recht auf Asyl sollen in ihre Herkunftsländer oder, wenn diese sie nicht aufnehmen wollen, in eine "sichere Schutzzone" gebracht werden.

Kurz schärfte unterdessen seinen im Vorjahr gemachten "Australien"-Vorschlag zur Rückführung von Migranten in Aufnahmelager außerhalb der EU nach. Der "Bild"-Zeitung  sagte er, dass in diese "Aufnahmezentren" in Nordafrika und dem Nahen Osten auch abgelehnte Asylbewerber zurückgebracht werden sollen. Es handle sich um eine "Weiterentwicklung" der schon länger bekannten Pläne des Ministers, bestätigte ein Sprecher des Außenministeriums.

Asylzentren außerhalb der EU

Kurz sagte der "Bild"-Zeitung, dass Europa verlassen müsse, wer kein Recht habe, sich in der EU aufzuhalten. Eine Abschiebung ins Heimatland sei allerdings oft nicht möglich. "Deshalb wollen wir nach dem Vorbild Australiens sogenannte Asylzentren außerhalb der EU einrichten, in die wir jene Menschen bringen, die wir nicht abschieben können", betonte der Außenminister, der zugleich ankündigte, der Europäischen Union einen Forderungskatalog für eine strenge Flüchtlingspolitik vorlegen zu wollen.

Der Plan des sozialdemokratischen Verteidigungsministers habe aber explizit nichts mit den Plänen des konservativen Außenministers zu tun, schreibt die "Bild".

Unterstützung von Sobotka

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) äußerte sich positiv zum Konzept von Doskozil. "Wir unterstützen das voll", sagte die Sprecherin Sobotkas, Katharina Nehammer. Für eine europaweite Flüchtlingsobergrenze brauche es aber zuerst eine gesetzliche Verankerung der Obergrenze in Österreich, betonte sie. "Wir brauchen eine gesetzliche Verankerung der Obergrenze im Gesetz", bekräftigte Sobotkas Sprecherin die bisher von der SPÖ abgelehnte Forderung. Klar sei, dass für den Gesetzesbeschluss eine Verfassungsmehrheit erforderlich sei, fügte sie in Anspielung auf die verfassungsrechtlichen Bedenken zur Flüchtlingsobergrenze hinzu.

Weil die Obergrenze derzeit nur in einem Ministerratsbeschluss enthalten sei, könne das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) "den 35.001" Asylbewerber nicht anders behandeln als die Asylbewerber unterhalb der Obergrenze, argumentierte die Ministersprecherin. Sie verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass fast 13.000 Dublin-Fälle aus dem Jahr 2016 ins neue Jahr mitgenommen worden seien, die schlagend werden könnten. Somit bräuchte es nur 22.000 neue Asylbewerber, um die Obergrenze für das Jahr 2017 zu erreichen.