Sie helfen Ihren Kunden, wieder Ordnung in ihren Kasten zu bringen. Wie sind Sie zu diesem Job gekommen?

Franka Mainusch: Ich war in der Modebranche tätig, aber irgendwann hat es sich wie in einem Hamsterrad angefühlt, sodass ich entschieden habe, eine Auszeit zu nehmen und die Welt zu bereisen. Auf dieser Reise hatte ich nur einen Koffer mit. Und ich habe vier Monate aus diesem Koffer gelebt und immer wieder neue Kombinationen gefunden. So hat sich das entwickelt und irgendwann ist daraus ,Schrankwunder' entstanden.

Ausmisten ist ja auch ein emotionaler Prozess. Wer bittet Sie denn um Unterstützung?

Frauen wie Männer, die vor einer Veränderung stehen oder sich schon verändert haben. Sei es, dass sie Liebeskummer oder sich getrennt haben. Einige haben aber auch viel abgenommen. Manche ziehen auch um und misten davor noch einmal richtig aus. Und dazu rate ich auch: ausräumen, sortieren und bereinigt in das Neue gehen.

Nun ist der Kasten auch ein sehr intimer Bereich eines Menschen. Wie behutsam müssen Sie vorgehen?

Es handelt sich definitiv um eine intime Situation. Das fängt ja schon damit an, wo der Kasten steht. Meistens ist das ja im Schlafzimmer und das ist ein sehr intimer Ort. Ich stelle mich einfach auf die Kunden ein. Also, ich setze mich sicher nicht aufs Bett. Das mache ich vielleicht am Schluss, wenn ich mehr Vertrauen zu dem Kunden habe und wir dann schon in der saloppen Form sind. Sie müssen bedenken, dass jeder Kunde in Unterwäsche vor mir steht, weil wirklich jedes Stück anprobiert wird. Denn die Passform ist das A und O.

In dieser Situation hören Sie sicher das oft Zitierte „Da passe ich sicher wieder einmal rein ...“

Ja, nur tun wir das leider oft nicht. Ich hatte eine Kundin, die hatte von Größe 34 bis 42 alles in ihrem Kasten. Das macht keinen Sinn. Besonders oft höre ich aber auch den Satz ,Das kann ich ja zu Hause noch anziehen'. Ich mache dann einen Stapel mit all diesen Sachen und sage dann: ,Das wollen Sie wirklich alles noch daheim anziehen?' Es hilft, zu sehen, welch großer Haufen das wäre.

Man kennt das ja von sich selbst, viele Stücke verbindet man mit emotionalen und besonderen Ereignissen, aber sie passen eben nicht mehr. Was raten Sie in diesem Fall?

Meine letzte Kundin meinte, dass sie diesen einen Rock nicht weggeben kann, weil sie darin ihren Mann kennengelernt hat. Und das ist absolut in Ordnung, aber es soll nicht so sein, dass man zu viele von diesen emotionalen Teilen hat.

Aber woran liegt es, dass wir so viele Schrankleichen zu Hause haben? Sind schnelllebige Trends daran schuld oder ist es mangelndes Einschätzungsvermögen?

Schrankleichen sind meist Emotions- oder Frustkäufe. Wichtig ist, sich vor dem Kaufen Gedanken zu machen: Was will ich kaufen? Wie kann ich es kombinieren? Wir tragen nur 30 Prozent unseres Kleiderschrankes wirklich. Deswegen bringe ich mit meinen Kunden Struktur in ihren Kleiderschrank und sehe, was sie haben und was sie brauchen und wie man es unterschiedlich kombinieren kann. Den Satz „Das hätte ich so nie kombiniert“ höre ich wirklich sehr, sehr oft bei der Arbeit.

So mühsam es sein mag, aber nach dem Ausmisten fühlt man sich immer erleichtert. Warum hat es so eine befreiende Wirkung?

Man trifft die Entscheidung, dass man etwas unternimmt. Man öffnet den Kasten und will Struktur reinbringen. Man trifft die Entscheidung, sich von einem Teil zu trennen. Das bedeutet, loszulassen und in die Veränderung zu gehen. Denn, wer außen Ordnung schafft, schafft sie auch im Inneren. Man hat Struktur, sieht alles auf einen Blick und kennt die Kombinationsmöglichkeiten, und hat so Platz für Neues geschaffen. Das ist ein befreiendes Gefühl.

Wann ist denn die beste Zeit, um auszumisten?