Psychodynamische Therapieverfahren zählen in der aktuellen Versorgungspraxis neben psychopharmakologischen und kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsansätzen weltweit zu den am weitesten verbreiteten Behandlungsangeboten für Menschen mit psychischen Erkrankungen. In Zusammenhang mit Forderungen nach mehr Wirksamkeitsnachweisen gerieten psychodynamische Therapien in der jüngeren Vergangenheit zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. In aktuellen Behandlungsleitlinien erscheinen sie häufig nur als Methode der zweiten Wahl, in manchen Ländern ist sogar ein weitgehender Ausschluss von der Regelversorgung zu verzeichnen.

Vor diesem Hintergrund gingen Christiane Steinert von der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), Thomas Munder von der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB), Sven Rabung von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (AAU), Jürgen Hoyer von der Technischen Universität Dresden (TUD) und Falk Leichsenring (JLU) der Frage nach, wie wirksam psychodynamische Therapien im Vergleich zu „evidenzbasierten“ Verfahren sind. In einer Meta-Analyse fassten die AutorInnen 23 hochwertige randomisiert-kontrollierte Studien zusammen, in denen insgesamt 2751 Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen untersucht wurden. Einundzwanzig Studien verglichen psychodynamische Therapie mit kognitiver Verhaltenstherapie, zwei Studien mit Pharmakotherapie. Die behandelten Störungsbilder umfassen depressive Erkrankungen (8 Studien), Angststörungen (4 Studien), Posttraumatische Belastungsstörungen (1 Studie), Essstörungen (4 Studien), Substanzbezogene Störungen (2 Studien) und Persönlichkeitsstörungen (4 Studien).

Anders als in herkömmlichen Meta-Analysen wurden die in diesen Studien miteinander verglichenen Behandlungen nicht auf Unterschiedlichkeit, sondern erstmalig explizit hinsichtlich ihrer Gleichwertigkeit bewertet, was strengere methodische Maßstäbe erfordert. Zusätzlich berücksichtigten die WissenschaftlerInnen die Qualität der einbezogenen Studien sowie mögliche Interessenskonflikte innerhalb der Studien aber auch innerhalb des eigenen Forschungsteams. Sven Rabung zum Ergebnis der Studie: „Die zusammenfassende Auswertung der vorliegenden Studien belegt, dass die psychodynamischen Therapien grundsätzlich als genauso wirksam wie die evidenzbasierten Vergleichsbehandlungen, und speziell auch die kognitive Verhaltenstherapie, gelten können.“

Rabung führt weiter aus: „Die vorliegende Meta-Analyse belegt somit eindrücklich das Potential psychodynamischer Therapien als gleichwertige Behandlungsoption im Reigen der verfügbaren evidenzbasierten Behandlungsalternativen. Dies ist von großer Versorgungsrelevanz, da jedes Therapieverfahren nur bei einem Teil der PatientInnen zum gewünschten Erfolg führt und deswegen potente Behandlungsalternativen benötigt werden.“