Steueroptimierung geschieht nicht nur in Unternehmen, zeigt eine Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Gabriel Zucman. Wohlhabende Europäer sollen rund 2090 Milliarden Euro in Steuerparadiesen veranlagt haben, zehn Prozent des europäischen Gesamtvermögens. Jährlich sollen den Staaten dadurch 60 Milliarden Euro an Einnahmen fehlen. Unter den Steuervermeidern liegen die Europäer damit ungeschlagen auf Platz eins. Asiaten verstecken im Ausland rund 1045 Milliarden Euro, US-Amerikaner rund 965 Milliarden Euro.

David Walch von Attac Österreich überrascht das nicht: „In Europa liegen die wichtigsten Schattenfinanzplätze der Welt. Luxemburg liegt auf Platz zwei und Österreich noch immer auf dem 18. Platz.“ Das Problem: Eben diese Staaten sollen der Steuerflucht ein Ende bereiten.

Schwarzgeld

Friedrich Schneider, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Linz, sieht den Hauptgrund für die hohen Offshore-Vermögen der Europäer in der Schattenwirtschaft. Während in den USA rund sieben Prozent des BIP mit Schwarzarbeit erwirtschaftet werden, sind es in Europa 15 Prozent. Allerdings müsse man bei Steuervermeidung genau hinsehen, erklärt Schneider: „Die Frage ist, ob wirklich Abgaben hinterzogen werden, oder ob Menschen ganz legal ihr Geld in anderen Ländern veranlagen.“

Wie problematisch Steueroptimierung ist, hat auch die Politik erkannt. Mit dem automatischen Austausch von Bankdaten soll der Steuerflucht ein Riegel vorgeschoben werden. Dem Studienautor Zucman geht die Maßnahme nicht weit genug. Er kritisiert, dass Finanzvermögen oft nicht dem wahren Eigentümer zugeordnet werden kann. Wer es darauf anlegt, könne Firmenkonstrukte aufbauen, die offiziell niemanden gehören.

Für Schneider ist es allerdings noch zu früh, um über die Wirksamkeit des Informationsaustausches zu urteilen. „Die Meldepflicht greift erst in vier Jahren voll durch.“ Auch europaweite Mindeststeuersätze sind frühstens in fünf bis sechs Jahren zu erwarten. Dennoch: „Die goldenen Zeiten der Virgin Islands, Bahamas und Bermudas sind vorbei. Langfristig gesehen wurde deren System gekippt.“

Register für Stiftungen

Auch Attac sieht kleine Fortschritte in der Bekämpfung der Steuerflucht. Allerdings gebe es weiterhin Lücken, bemängelt Walch. Vor allem Stiftungen müsse ein Riegel vorgeschoben werden. „Wir brauchen ein öffentliches Register, aus dem klar hervorgeht, wer die Begünstigten sind. Es genügt nicht, dass Steuerbehörden den Zugang haben.“ Doch in dieser Frage gäbe es derzeit kaum Fortschritte.

Ganz abstellen könne man die Steuerflucht nie, ist der Volkswirt Schneider überzeugt. „Es wird immer Betrüger geben und Kriminelle sind sehr kreativ, wenn es darum geht, ihr Geld zu verstecken.“

ROMAN VILGUT