Das geplante transatlantische Handelsabkommen zwischen der EU und den USA erhitzt weiter die Gemüter. Nichtregierungsorganisationen wie Attac, Global 2000 oder Greenpeace haben am Mittwoch erneut Stimmung gegen das Abkommen gemacht und eine parlamentarische Enquete gefordert. Das Team Stronach fordert ein Ende der Geheimhaltung. Die Industrie will eine ernsthafte Diskussion und keine Panikmache.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will heute im EU-Unterausschuss zu den laufenden Verhandlungen beim Freihandelsabkommen Stellung nehmen. Laut NGOs wie Attac haben bereits über 13.000 Menschen die Forderung nach einer parlamentarischen Enquete unterschrieben. Kritisiert wird insbesondere die Gemeinhaltung, unter der das Abkommen verhandelt wird. Erneut verlangten Global 2000, Attac & Co am Mittwoch eine Stellungnahme aller Ministerien über die Auswirkungen des Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommens (TTIP).

Die Industriellenvereinigung (IV) verweist indes auf die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen den USA und Europa und die Chancen, die das Abkommen bringen könnte. Derzeit werde die Diskussion "unnötig emotionalisiert". "Gelingt ein EU-USA-Abkommen, stünden die Chancen gut, dass Europa auch in Zukunft wirtschaftlich eine globale Führungsrolle behält und damit seine Wettbewerbsfähigkeit stärkt", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

Grüner Zwischenerfolg

Die Grünen sind über den Kurs der Bundesregierung bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) erbost. Klubobfrau Eva Glawischnig ortet beim Thema Sonderklagsrechte ein Doppelspiel von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Im EU-Unterausschuss heute, Mittwoch, wollen sie die Regierung auf eine kritische Position festnageln.

"Es ist extrem schädlich, dass die Leute de facto angelogen werden", empörte sich Glawischnig in einer Pressekonferenz. "Diese Täuschung der Öffentlichkeit ist blamabel." Während Faymann sich in der "Kronen Zeitung" klar gegen Sonderklagsrechte der Konzerne gegen Staaten eingetreten sei, sehe das Mitterlehner als Chefverhandler offensichtlich ganz anders. Die Grüne verwies auf eine am 15. April ergangene Anfragebeantwortung des Ministers. "Österreich hat von Beginn weg die Aufnahme eines Investitionsschutzkapitels in den TTIP-Verhandlungen befürwortet", heißt es darin.

Dass Mitterlehner nun im Unterausschuss Rede und Antwort stehen muss, wertete Glawischnig als ersten Zwischenerfolg. Per Antrag werden die Grünen dort verlangen, dass im Abkommen kein eigener Investor-Staat-Streitbeleidigungsmechanismus enthalten seien darf. Die Verhandlungen sollen bis zur Herstellung voller Transparenz gestoppt werden. Zusätzlich verlangen die Grünen die Verankerung verschiedenster EU-Standards in dem Abkommen.

Der Grüne EU-Kandidat Michel Reimon verwies auf die Gefahr, dass etwa Konzerne wie Chevorn künftig gegen ein allfälliges Fracking-Verbot in der EU klagen könnten. Auch in anderen Bereichen drohe die Gesetzgebungskompetenz aus der Hand gelegt zu werden, zum Beispiel durch den geplanten "Rat für regulatorische Kooperation", warnte Reimon.

"Starkes Rechtssystem"

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat sich am Mittwoch gegen Sonderklagsrechte für Konzerne im Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) ausgesprochen. Er sehe "derzeit keine Notwendigkeit für eine solche Schlichtungsstelle, weil sowohl die Vereinigten Staaten als auch Europa haben ein sehr starkes Rechtssystem", sagte Faymann nach dem Ministerrat.

Als Negativbeispiel für derartige Investor-Staat-Klagen verwies der Bundeskanzler auf die Klage des Energiekonzerns Vattenfall gegen den deutschen Atomausstieg. Es gehe nicht an, über den Umweg einer Schlichtungsstelle Gesetze auszuhebeln, sagte Faymann. Für die von den Grünen eingeforderte Regierungsposition zum derzeit zwischen der EU und den USA verhandelten Freihandelsabkommen sei es aber noch zu früh, weil noch kein Entwurf für die politischen Gremien vorliege.

Keine klare Festlegung in Sachen Investitionsschutz-Kapitel beim Freihandelsabkommen gab es von Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP). Derzeit lägen die Verhandlungen auf Eis, sie würden erst gegen Ende des Jahres wieder flottgemacht. Grundsätzlich seien Freihandelsabkommen jedenfalls zu begrüßen, so der Finanzminister.