Das Internet ist ein Fehlschlag - zumindest in der Form, in der es heute funktioniert. Davon zeigte sich am Mittwoch Internetkritiker und Autor Andrew Keen bei den Österreichischen Medientagen überzeugt.

Statt Demokratisierung habe das Web nur Monopole wie Google hervorgebracht und helfe einer kleinen Elite. Auch die Antwort auf diese Entwicklung ist für Keen klar: Er forderte mehr Regulierung.

Die ursprüngliche Vision bei der Erfindung des Internets sei eine ganz andere gewesen, betonte Keen. Man habe sich eine Egalisierung und Demokratisierung erwartet. Aber anstatt die Welt besser zu machen und Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu demokratisieren, fördere das Internet Monopole und bringe nur einer winzigen Elite Gewinne. Das führte Keen vor allem auf die "The winner takes it all"-Struktur des Internet zurück.

Die Großen setzen sich durch

Denn in allen Bereichen - seien es nun soziale Netzwerke oder Transport - setzen sich große Unternehmen wie Facebook oder Uber durch, die neue Ideen und Innovationen "zerquetschen" würden. Problematisch sei jedoch vor allem das Erlösmodell dieser Firmen, deren Produkte wie "Instagram" oder "Whatsapp" allesamt gratis sind und daher auf Werbung setzen. "Wir, die User, werden zum Produkt", warnte der Internet-Kritiker auch vor der Entwicklung in Richtung "Big Data".

Denn je mehr User von sich preisgeben, desto besser würden Unternehmen wie Google funktionieren: "Ihr dominantes Geschäftsmodell ist Überwachung. Wir glauben, wir haben die Macht, obwohl wir in Wirklichkeit jene sind, die ausgebeutet und nach unseren Daten abgeklopft werden." Nachdem User einen großen Teil der Inhalte liefern würden, bräuchten Unternehmen wie Facebook im Vergleich auch relativ wenige Arbeitnehmer, was Jobs koste.

Zusammengefasst würde das Internet eine kleine Elite fördern, die Privatsphäre der User zerstören und zusätzlich eine Illusion von Macht vermitteln. "Die Idee einer demokratischen Bewegung wurde durch das Selfie ersetzt", betonte Keen. Dieser Entwicklung müsse Einhalt geboten werden - und zwar nicht nur durch ein sensibleres Verhalten der User, sondern vor allem durch gesetzliche Regulierung. "Legislatur und Regulierung sind notwendig für Innovation. Wir brauchen faire Wettbewerbsbedingungen und der Nutzer braucht Schutz." Europa sei hier auf einem richtigeren Weg als die USA.

Googles Gegenstimme

Eine naturgemäß andere Sicht auf die Dinge vertrat Madhav Chinnappa, Head of Strategic Partnership bei Google. Er glaube an die demokratisierende Kraft des Internet, auch wenn noch nicht alles ideal sei. Eigentlich war Chinnappa jedoch vor Ort, um die Digital News Initiative des Unternehmens zu präsentieren. Google fokussiert mit der DNI auf drei Aspekte: Produktentwicklung, Training und Forschung sowie Innovationsfinanzierung, wofür demnächst ein Fördertopf bereitgestellt wird.

Bewerbungen sollen spätestens ab Anfang Oktober möglich sein, 150 Millionen Euro stehen laut Chinnappa dafür in den nächsten drei Jahren bereit. Mehr als vierzig Partner aus Österreich seien bereits an Bord, neben den bereits bekannten wie der "Kronen Zeitung" und "Heute" sowie "oe24.at" nannte der Google-Manager heute erstmals auch den "Kurier" sowie Russmedia.

Zudem präsentierte Chinnappa bereits erste Ergebnisse des Digital News Reports des Reuters Institute, der erstmals auch für Österreich durchgeführt wurde. Die Rolle der traditionellen Medien sei immer noch sehr stark, wenn auch nicht mehr dominant. "Print hat den stärksten Wert in allen untersuchten Ländern", so der Google-Manager. Auch Fernsehen erreiche immer noch sehr viele Menschen.

Smartphone und Tablet hätten in Österreich hingegen einen langsameren Start als in anderen europäischen Ländern, auch wenn Österreich vor Deutschland liege. Und eine "schlechte Nachricht" hatte Chinnappa für die Medienbranche ebenfalls: Österreich verzeichne den geringsten Prozentsatz an Menschen, die für Nachrichten bezahlen. Der gesamte Reuters-Report liegt am 22. Oktober vor, am 29. Oktober wird er präsentiert.