Nach den westlichen Luftschlägen gegen mutmaßliche Chemiewaffen-Einrichtungen Assads mehrten sich zuletzt die Rufe nach neuen Initiativen zur Lösung des Konflikts in Syrien. In Wien sieht man die Stunde der Diplomatie gekommen. Bundeskanzler Sebastian Kurz bot am Mittwoch dem UN-Sondervermittler Staffan de Mistura Österreichs „volle Unterstützung für die UN-Friedensverhandlungen“ an. Er bot einmal mehr Wien für Verhandlungen und als Ort des Dialogs an. Zudem besprach Kurz in einem Telefonat mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin „vertrauensbildende Schritte hin zu einer Deeskalation“. Heute reist Außenministerin Karin Kneissl zu einem zweitägigen Besuch nach Moskau, um Möglichkeiten zu sondieren, der Diplomatie zum Sieg zu verhelfen. Kneissl wird heute einen Vortrag an der Diplomatischen Akademie halten sowie ein Österreich-Institut eröffnen. Am Freitag trifft sie mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammen. Auch Gespräche mit Vertretern von Menschenrechtsorganisationen sind geplant.

Pendeldiplomatie

Vermittlungen könnten, so Kurz, nur unter Einbindung Russlands Erfolg haben, das in Syrien Machthaber Assad militärisch unterstützt. Kneissl hatte zuletzt mehrfach die Frage einer möglichen Vermittlerrolle Wiens ins Spiel gebracht. „Österreich steht als Verhandlungsort oder auch für Pendeldiplomatie zur Verfügung“, so die Außenministerin und Nahost-Expertin. Allerdings brauche es dafür einen konkreten Auftrag der handelnden Akteure. Lawrow hatte die Luftschläge scharf kritisiert.

Kneissls Moskau-Besuch erfolgt nicht nur in Bezug auf Syrien zu einem heiklen Zeitpunkt: Bereits nach der Giftaffäre um den russischen Ex-Spion Sergei Skripal hatten die Beziehungen zwischen dem Westen und Russland einen Tiefpunkt erreicht. Dass Österreich im Gegensatz zur Mehrzahl der EU-Partner darauf verzichtet hatte, russische Diplomaten auszuweisen, wurde in Moskau mit Wohlwollen aufgenommen.

Umstrittener Kongress

Zur selben Zeit wie die Reise der Außenministerin beginnt auf der Krim heute das Jalta-Wirtschaftsforum. Dieses gilt als umstritten, weil es von den Moskau-treuen Behörden organisiert wird und sich gegen die Sanktionen richtet, die wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 gegen Russland verhängt wurden. In der Vergangenheit hatten FPÖ-Vertreter daran teilgenommen. Kärntens Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler hatte, wie auch ein AfD-Politiker, am Dienstag in Moskau die Werbetrommel für das Jalta-Forum gerührt. Unklar blieb zunächst, ob auch heuer FPÖ-Politiker teilnehmen werden. Karin Kneissl, die auf einem FPÖ-Ticket als Unabhängige Außenministerin wurde, hatte in der Vergangenheit betont, in der Russland-Politik mit Kanzler Kurz (ÖVP) auf einer Linie zu liegen.