Er ist der einzige Kandidat bei den "Tagen der deutschsprachigen Literatur", der - bisher - auf Englisch schreibt. Mit seinen Romanen zählt der austro-amerikanische Autor JohnWray in den USA zu den erfolgreichsten Vertretern seiner Generation. Nun hat er die Einladung nach Klagenfurt angenommen. Der "Reiz, ernsthaft auf Deutsch zu schreiben" hat gesiegt, wie er im APA-Mailinterview gestand.

JohnWray lebt in Brooklyn und im Kärntner Friesach, auf dem Hof der Familie seiner österreichischen Mutter. Er studierte unter anderem in Wien, verarbeitete seinen eigenen Schock über die NS-Geschichte seiner zweiten, als Kind verklärten Heimat bereits mehrfach in seinen Romanen - und ist auch österreichischer Staatsbürger. "Ich habe immer viel auf Deutsch gelesen; trotzdem habe ich 45 Jahre gebaucht, um es zu wagen, etwas Deutsches der öffentlichen Kritik auszusetzen. Mir fällt das Schreiben schwer genug, um ganz ehrlich zu sein."

Risiko eingehen

Gleichzeitig habe es ihn "immer ein bisschen gestört, dass ich nicht mutig genug war, auf Deutsch zu schreiben. Und natürlich war ich auch gespannt, was daraus werden würde. Man muss halt manchmal ein Risiko eingehen. Eigentlich sollte man es unentwegt so machen." Zum Bachmannpreis wurde er eingeladen - "sonst hätte ich wahrscheinlich nicht den Mut gehabt", sagt Wray, der im Vorjahr mit seiner fantastischen wissenschaftsphilosophischen Familienchronik "The Lost Time Accidents" für Furore gesorgt hat - die unter dem Titel "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" auch in deutscher Übersetzung erschienen ist. Allerdings nicht in seiner eigenen.

Auf Deutsch ist "alles anders", sagt er, "und das ist auch das Spannende daran. Auf Deutsch denke ich anders, fühle mich anders, wage manches, das ich sonst nicht wagen würde. Und habe auch Angst vor Sachen, vor denen ich auf Englisch nie Angst haben würde." Dass man seine Bücher im deutschsprachigen Raum fast ausschließlich im Kontext amerikanischer Literatur der Gegenwart betrachtet, "während man sie in den Staaten europäisch findet, was auch immer das bedeuten mag", ist für ihn nicht nur eine "ziemlich oberflächliche" Einstellung gegenüber Literatur, sondern auch natürlicher Teil seines Schreibens zwischen zwei Welten.

Österreichische Wurzeln

"Ich bin kein besonders patriotischer Mensch, würde ich sagen. Aber ich schätze meine österreichischen Wurzeln sehr, und meine kärntnerische (und steirische) Familie. Deutlich mehr als meine amerikanische Identität derzeit", so Wray. Hat er auch zu den vielen Liberalen des Landes gehört, die einen Wahlsieg Donald Trumps noch vor einem Jahr für ausgeschlossen gehalten hätten? "Ja, ich war auch so ein Depp. Ich war vollkommen überrascht und erschüttert vom Wahlergebnis, und bin es immer noch."

Jetzt also Bachmannpreis, die vielleicht eigenwilligste Literaturveranstaltung des deutschsprachigen Raums. "Der Wettbewerb ist mir eher überflüssig", sagt Wray. "Ich schätze es nicht besonders, gegen Kollegen zu konkurrieren." Viele andere Kandidaten stehen noch am Anfang ihrer Laufbahn, die Teilnahme bereits so arrivierter Autoren - wenn auch in einer anderen Sprache - ist eher selten. Ob er dadurch leichter oder vielleicht noch schwerer mit Kritik umgehen könne? "Leichter, hoffe ich. Sonst hat das Älterwerden wirklich keinen Sinn!"

"Nie im Leben!"

Denn dass die Kritik mitunter harsch sein kann, hat Wray schon selbst erlebt. "Vor mehr als zwanzig Jahren, als ich in Wien studiert habe, saß ich einmal in Klagenfurt im Publikum. Ich erinnere mich ganz genau: es hat mich zutiefst beeindruckt, wie man die arme Leserin zerfetzt hat. Damals sagte ich mir, Kleiner, tue dir das nie im Leben an!"