AMS-Chef Johannes Kopf sieht für Österreich mittelfristig Vorteile durch die Zuwanderung, momentan würde aber weniger davon den Arbeitsmarkt etwas entlasten. Die Zuwanderer würden zwar den Österreichern keine Jobs wegnehmen, sie würden aber andere, schlechter ausgebildete, Ausländer verdrängen.Im Vorjahr hatte Deutschland 437.000 Zuwanderer - und das zehn mal kleinere Österreich 55.000, dazu Einpendler aus Ungarn", so Kopf im "profil". Vor 20 Jahren hätten 20.000 Deutsche in Österreich gearbeitet, nun seien es fast 100.000. Die Deutschen seien gemeinsam mit den Ungarn die stärkste Zuwanderungsgruppe, und die Arbeitnehmer aus diesen Ländern seien sehr gut ausgebildet.

Dadurch komme es zu einer Verdrängung, denn die Anforderungen an die Arbeitnehmer würden immer mehr. "Ein Lagerarbeiter musste früher nur stark sein. Heute muss er Stapler fahren und Lagerlogistiksoftware bedienen können", gibt Kopf zu bedenken.

Dass eine Heraufsetzung des Pensionsalters die Arbeitslosenproblematik noch verschärfen würde, befürchtet Kopf nicht. "Es gibt keine fixe Anzahl von Jobs. Daher führt ein höheres Pensionsantrittsalter nicht automatisch zu mehr Arbeitslosigkeit", erklärte der AMS-Chef.

Änderung beim Arbeitslosengeld

Änderungen kann er sich beim Arbeitslosengeld bzw. bei der Notstandshilfe vorstellen. Derzeit gelte die Notstandshilfe lebenslang, hier wäre es überlegenswert, diese schrittweise abzusenken. Dies würde auch vor der Inaktivitätsfalle schützen. "Ein Ehepaar mit drei kleinen Kindern kommt mit Mindestsicherung und Familienzuschlag auf 1.800 Euro im Monat. So viel würde der Mann nie verdienen wenn er arbeiten ginge", rechnete Kopf vor.

Er wünscht sich auch Änderungen bei der Mindestarbeitszeit von Jungeltern: "Viele melden sich arbeitslos, wenn das Kindergeld ausläuft. Derzeit sagt das Gesetz: Jungeltern müssen nur 16 Stunden pro Woche verfügbar sein. Diese 16-Stunden-Jobs gibt es aber in der Realität nicht; wir hatten österreichweit 2014 nur 800 solcher Stellen - mit 20 Stunden aber 26.000. Also erfinden wir 16-Stunden-Arbeitsmarktkurse und bezahlen den Müttern Arbeitslosengeld. Das ist doch absurd."

Wahl des Studiums ist wichtig

Dass selbst Jungakademiker Probleme hätten, einen Job zu bekommen, relativiert Kopf. Wichtig sei die richtige Wahl des Studiums. "Das Phänomen der kurzfristigen Praktika konzentriert sich stark auf gewisse Studienrichtungen, etwa Theaterwissenschaften oder auch Journalismus. (...) Es gibt beliebte Studien, bei denen mir außer eine Uni-Karriere nicht einmal theoretisch ein Job einfällt, etwa die Kombination aus Pädagogik und Englisch - aber weder für Dolmetschen noch für Lehramt", so Kopf.

Kopf sieht aber nicht nur die Arbeitssuchenden, sondern auch die Unternehmer gefordert: "Manche Betriebe versuchen Auslastungsschwankungen zu optimieren. Da werden Beschäftigte für zwei, drei Wochen arbeitslos gemeldet. Davon haben wir Zehntausende Fälle pro Jahr. Ich kenne einen Steuerberater, der empfiehlt das seinen Kunden sogar. Sozialschmarotzer können also auch Unternehmen wie ein Rechtsanwalt oder ein Hotelier sein."