Seine auf die Räder gestellten Geistesblitze sind üblicherweise eine der unterhaltsamen Fixpunkte auf dem Genfer Autosalon im März. Aber schon zum dritten Mal in Folge wird Frank M. Rinderknecht, Boss der Schweizer Ideenschmiede Rinspeed, seinem Heimatautosalon untreu und zeigt seine verrückten Studien zuerst auf der Consumer-Electronics-Messe CES in Las Vegas. Mit seinem Konzeptfahrzeug namens Snap geht Rinderknecht ein Problem an, das der Autoindustrie zunehmend zu schaffen machen wird: Nämlich dass Hard- und Software in einem Fahrzeug ganz unterschiedlich lange Lebenszyklen haben.

Dafür implementiert er die alterungsanfällige Hard- und Software in die nutzungsintensive Fahrplattform (vulgo Skateboard), die nach intensiver Nutzung bei Erreichen der vorgesehenen Laufleistung recycelt wird, und trennt dieses von der langlebigen Fahrgastzelle (Pod). Fortan gehen beide eigene Wege – wobei der Pod sogar immobil sinnvoll werden kann: vom variablen Pop-Up-Store, zur geräumigen Camping-Unterkunft und dem gemütlichen Kuschel-Pod bis hin zum vollvernetzten Nutzererlebnis für die Insassen der Personenkabine.

Das E-Mobil ist – wie immer, wenn Rinderknecht am Werk ist – gespickt mit technischen Finessen, die ein namhaftes Netzwerk weltweiter Firmen beisteuert. So stammen die beiden gelenkten Achsen, mit denen sich der Snap fast auf der Stelle drehen kann, samt integriertem E-Antrieb von ZF. Das US-Unternehmen Gentex steuert den Iris-Scanner zur Insassenerkennung und dimmbare Scheibenelemente in Front und Heck bei, wie sie auch im Boeing Dreamliner zu finden sind. Ibeo aus Hamburg stellt mit ausgefeilter Lidar-Sensorik sicher, dass Hindernisse auf der Strasse per Echtzeit-Messung der Lichtreflexe erkannt werden. Die ins Skateboard integrierte „Harman Autonomous Drive Platform“ nutzt die Sensorfusionslösung „BlueBox“ von NXP, um den Snap sicher durchs Verkehrsgeschehen zu lenken.

Für die Interaktion stehen jedem Insassen drei Displays zur Verfügung: Über das „Personal Control Panel“ mit interaktivem Drehregler werden individuelle Einstellungen vorgenommen; auf den touchgesteuerten „Hover-Tabs“, die per Schwenkarm in Position gebracht werden, erscheinen persönliche Inhalte und individuelle Benachrichtigungen; zwei grosse zentrale Bildschirme bieten Routeninfos und Filmgenuss. Auf Wunsch begleitet sogar ein „Personal Assistant“ in Form eines selbstfahrenden intelligenten Roboters die Insassen. Dieser hilft auch gerne bei Besorgungen, beim Tragen der Einkäufe oder nimmt andere lästige Arbeiten ab.

Über sechs Projektionen kommuniziert der Snap visuell mit der Aussenwelt: Zwei nutzen die Front- und Heckscheibe, um vollfarbige Botschaften an andere Verkehrsteilnehmer zu senden wie „Vorfahrt gewährt“ oder „Achtung, Kinder“. Vier Laserprojektionen auf den Seitenscheiben dienen der Kommunikation mit zusteigenden Fahrgästen. Der deutsche Lichtspezialist Osram Opto Semiconductors hat digitale Kennzeichen und die komplette Rundumbeleuchtung installiert sowie Innenraum-LEDs, welche mit ultraviolettem Licht Bakterien unschädlich machen und damit die Hygiene verbessern. Front- und Heckpanels sowie Lichtelemente in den Seitenschürzen sind multimedial und -funktional bespielbar. Und: In mobilen Urban-Farming-Behältern von Kostal wachsen Minze und Erdbeeren für selbstgemachte und gesunde Infusionsgetränke.

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