Zwischen der Koalition und dem Arbeitsmarktservice (AMS) herrscht Eiszeit. Vor ein paar Tagen wurde ein interner AMS-Bericht über Probleme bei der Integration von Flüchtlingen offenkundig von der Regierung nach außen gespielt. Am Samstag ließ Bundeskanzler Sebastian Kurz im Ö1-Mittagsjournal mit der Bemerkung aufhorchen, beim AMS müsse sich "dringend etwas ändern. Wir werden das AMS reformieren, wir haben hier mehrere Baustellen."

Am Sonntag hieß es, dass AMS-Chef Johannes Kopf im Kanzleramt vorgeladen werde. In AMS-Kreisen ist man über den Ton überrascht und vermutet, dass es nicht nur um Inhalte, also um neue Schwerpunkte oder Änderungen in der Organisationsform, geht. Noch vor dem Journal hatte sich Kopf via Twitter in den Urlaub verabschiedet und die Öffentlichkeit wissen lassen, dass er sich einer lange geplanten Knieoperation unterziehen müsse.

"Das ist eine Strafaktion"

"Das ist eine Strafaktion", heißt es in Insiderkreisen. Zwischen Kopf, der aus der ÖVP kommt, und Kurz herrscht dicke Luft. Der Arbeitsmarktexperte, der jahrelang einen guten Draht zum einstigen Integrationsminister hatte, hatte dem ÖVP-Chef in letzter Zeit in einigen Punkten widersprochen (Ein-Euro-Jobs, Kürzung der Mindestsicherung, Kürzung der Integrationsgelder, gänzliches Aus der Aktion 20.000). Über die Vorladung hat Kopf über die Medien erfahren, ein Termin steht nicht fest. In AMS-Zirkeln schließt man nicht aus, dass die türkis-blaue Regierung den Vorstand personell erneuern bzw. umfärben will.

AMS-Vorstand Johannes Kopf und Herbert Buchinger
AMS-Vorstand Johannes Kopf und Herbert Buchinger © APA

Der zweite Vorstand, Herbert Buchinger, wird der roten Reichshälfte zugeordnet, die FPÖ ist nicht vertreten. Eine Ablöse der beiden Vorstände käme der Republik teuer zu stehen. Im Oktober wurden deren Verträge von der Vorgängerregierung (ÖVP-Chef war zu dem Zeitpunkt bereits Kurz) für weitere sechs Jahre verlängert, die neue Amtszeit beginnt übrigens erst mit 1. Juli. Laut Einkommensbericht des Rechnungshofs verdienen die Vorstände je knapp 180.000 Euro.

Heute tagt der Verwaltungsrat

Heute soll es eine Vorentscheidung geben, wie der finanzielle Kurs des AMS aussieht. Bestimmt wird dieser im Rahmen eines Treffens des mächtigen Verwaltungsrats, der von Ministerien und Sozialpartnern beschickt wird. Was dabei zu erwarten ist?

Einsparungen. Klar ist, dass es weniger Geld für aktive Arbeitsmarktpolitik geben wird. Bisher wurde für 2018 stets die Summe 600 Millionen Euro genannt – darin enthalten sind die beiden von der Regierung eingefrorenen Beschäftigungsprojekte "Aktion 20.000" und "Beschäftigungsbonus". Abseits der Programme sollen auf die AMS-Geschäftsstellen Einsparungen von knapp 150 bis 200 Millionen Euro zukommen.

Kurse "durchforsten". Kanzler Kurz ließ mit dem Sager aufhorchen, man müsse das AMS "verändern", um "Menschen in Zeiten der Digitalisierung bestmöglich bei den Veränderungen zu begleiten". Den Angriff auf die bestehende AMS-Kursstruktur präzisierte er mit dem Hinweis, das Kursangebot zu "durchforsten". Man müsse nämlich fragen, "welche Schulungen überhaupt noch sinnvoll sind".

Gegner & Befürworter. Schon im Vorfeld der heutigen Sitzung formierte sich breiter Widerstand gegen die drohenden Kürzungen. Die Sozialwirtschaft Österreich etwa, die Branchenvertretung der privaten, meist gemeinnützigen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen, zeigt sich ob der "budgetären Entwicklungen höchst alarmiert". Die Kürzungen würden vor allem Langzeitarbeitslose und andere Gruppen, die sich mit dem Wiedereinstieg besonders schwertun, treffen. Demgegenüber steht die verantwortliche Sozialministerin. Beate Hartinger-Klein (FPÖ): "Ich habe genug Geld und ich werde die Arbeitslosen auch entsprechend unterstützen."

Überbetriebliche Lehre. Es steht auch eine Reduktion der überbetrieblichen Lehre im Raum. Dabei schafft das AMS Lehrstellen für Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz bei Betrieben finden. Jährlicher Kostenpunkt: 150 Millionen Euro.

Taskforce. Eine sogenannte "Taskforce" soll die AMS-Reform nun jedenfalls auf Regierungsseite orchestrieren. Mit an Bord: die Regierungskoordinatoren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) sowie Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP).