Es war spannend bis zuletzt, ob die Voestalpine ihr neues Edelstahlwerk wirklich in Kapfenberg bauen wird. Wenngleich seit geraumer Zeit eine eindeutige Tendenz des Konzerns zu verspüren war. Bereits im Juni etwa schrieb die Kleine Zeitung, dass die Investition in der Obersteiermark "alternativlos" sei.

Jetzt hat sich diese Annahme bestätigt: Österreichs Stahlprimus wird zwischen 330 und 350 Millionen Euro in die Hand nehmen und in Kapfenberg ein neues Edelstahlwerk bauen. Es soll gar das "weltweit modernste" sein.

Diese Investition sei "Basis für die Erhaltung von rund 3000 Arbeitsplätzen in der Steiermark", lässt der Konzern heute wissen. Ab 2021 soll die bestehende Anlage durch das neue High-Tech-Werk ersetzt werden, der Spatenstich erfolgt 2018.

3000 Arbeitsplätze "erhalten"

"Die Entscheidung, die Anlage mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 330 bis 350 Millionen Euro in einem Hochkostenland wie Österreich zu errichten, war alles andere als einfach", erklärt Voest-Boss Wolfgang Eder heute nach einer Aufsichtsratssitzung. Nach "intensiver Abwägung aller relevanten Standortfaktoren" sei man jedoch zur Überzeugung gekommen, dass sich dieses "nicht nur für Österreich, sondern auch für Europa außergewöhnliche Investitionsvorhaben hier langfristig rechnen wird".

Voestalpine-Vorstand Franz Rotter und Voest-Chef Wolfgang Eder
Voestalpine-Vorstand Franz Rotter und Voest-Chef Wolfgang Eder © Voestalpine

Dazu beigetragen hätten auch Zeichen vonseiten der Politik. Eder: "Wir gehen dabei aber davon aus, dass die zuletzt klaren politischen Signale in Richtung verlässlicher und kalkulierbarer österreichischer, aber auch europäischer Rahmenbedingungen hinsichtlich Klima- und Energiepolitik auch nach dieser Entscheidung unverändert gelten."

Den entscheidenden Ausschlag hätten aber, so Eder, "dabei die Menschen gegeben". Mitentscheidend für die Standortentscheidung zugunsten Kapfenbergs sollen letztlich auch das "hervorragende Forschungsumfeld im Bereich der Metallurgie, die vorhandene Infrastruktur sowie die Nähe zu wichtigen Kunden" gewesen sein.

Volldigitalisierte Produktion

Noch im Mai ließ der Voest-Boss wissen, dass vor allem die hohen Energiepreise einer Investition in Österreich im Weg stehen könnten. Immerhin: Die geplante Stromzonentrennung zwischen Österreich und Deutschland, die automatisch zu einer Strompreiserhöhung geführt hätte,  wurde in der ursprünglichen Form vorerst abgewendet.

Zwischen Baustelle (links unten) und altem Werk baut die Voest ihr neues Edelstahlwerk
Zwischen Baustelle (links unten) und altem Werk baut die Voest ihr neues Edelstahlwerk © Franz Pototschnig

Das neue Werk soll nun die "vollautomatisierte Herstellung von Werkzeug- und Spezialstählen für anspruchsvollste Anwendungen ermöglichen", wie die Voestalpine in einer Aussendung mitteilt.

Diese kommen als Ausgangswerkstoff etwa für die Weiterverarbeitung zu höchstbelastbaren und gewichtssparenden Flugzeugteilen, widerstandsfähigsten Werkzeugen für die Automobilindustrie, Equipment für die anspruchsvolle Öl- und Gasexploration oder für die Fertigung von Komponenten im 3D-Druckverfahren zum Einsatz.

205.000 Tonnen jährliche Produktionskapazität

Auch bei Umwelt- und Energieeffizienz soll die neue Anlage weltweit einzigartig sein. Geschlossene Kühlwasserkreisläufe sowie Wärmerückgewinnungs- und Entstaubungssysteme minimieren die Emissionen. Als Herzstück der Anlage gilt ein Elektrolichtbogenofen, der auf Basis von elektrischem Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen hochreinen Schrott und Legierungen zu flüssigem Material erschmilzt. Die Produktionskapazität liegt bei rund 205.000 Tonnen Hochleistungsstählen pro Jahr.

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Das neue Voest-Werk im Detail

Freude in der Steiermark

Für den steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) ist der Beschluss der voestalpine zum Bau des neuen Stahlwerks "ein großer Tag für die Steiermark". Die Investition sei auch die Bestätigung für die gute Arbeit der Landesregierung, denn "wir haben parteiübergreifend gemeinsam alles daran gesetzt, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen".

"Nach der offiziellen Eröffnung des neuen Drahtwalzwerkes in Donawitz am Dienstag sei diese Entscheidung ein "weiteres Zeichen dafür, dass unser Land als Standort für Hightech-Unternehmen attraktiv ist". Voestalpine, AT&S, Pankl und der Red-Bull-Ring seien Paradebeispiele dafür, dass aus der einst krisengebeutelten Obersteiermark eine Region mit Zukunft wurde", sagte der LH, der sich auch bei den voestalpine-Vorständen, namentlich Franz Kainersdorfer und Wolfgang Eder bedankte.

LHStv. Michael Schickhofer sagte, das ganze Mürztal bekomme "Perspektiven, gut bezahlte Jobs und Lehrstellen". Für die Industriellenvereinigung ist die Entscheidung "auch ein Beleg für die hervorragende Ausbildung steirischer Industriearbeiter".

Der SPÖ-Politiker Schickhofer sagte weiters, mit der Entscheidung seien "tausende Arbeitsplätze für Jahrzehnte gesichert. Nach dem weltweit modernsten Tunnelforschungszentrum in Eisenerz und dem am Dienstag offiziell eröffneten hochmodernen Drahtwalzwerk der Voest in Leoben komme mit dem Edelstahlwerk in Kapfenberg der dritte gewaltige Impuls in die Obersteiermark".

Zusammen mit Bürgermeister Fritz Kratzer und Bürgermeister a. D. Manfred Wegscheider (beide SPÖ) wurden in den vergangenen Monaten zahlreiche Gespräche mit voestalpine-Vertretern geführt, aber auch der Hochwasserschutz für das Voest/Böhler Gelände - Voraussetzung für das Stahlwerk - auf Schiene gebracht. Kratzer sagte etwa, die Investition sichere weitere gewinnbringende Jahre in der Jahrhunderte alten Geschichte der Edelstahlstadt Kapfenberg und ihrer Einwohner.

Für den steirischen IV-Präsidenten Georg Knill ist Kapfenberg "nicht nur eine Weichenstellung in Richtung Stärkung der industriellen Basis Europas, sondern in erster Linie ein starkes Bekenntnis zum Standort Österreich und Steiermark". Investitionsentscheidungen - insbesondere derart langfristige wie jene in der Stahlbranche - würden immer nach den Gesichtspunkten der Planbarkeit und der Wettbewerbsfähigkeit der Rahmenbedingungen getroffen, so Knill in einer Aussendung.

Für Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP) ist die Investition ein starkes Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Steiermark. "Dadurch können bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen werden". Das Vorhaben sei eine wichtige Voraussetzung für weiteres Wachstum der steirischen voest-Standorte und stärke die gesamte Region.