Das Ableben von Armenpfarrer Wolfgang Pucher hat am Donnerstag eine Welle der Betroffenheit ausgelöst. Der Gründer der Vinzensgemeinschaft ist im 85. Lebensjahr im Urlaub in Kroatien verstorben. Politik, Kirche und soziale Einrichtungen reagierten mit Dank und Anerkennung auf das Leben und Wirken des Grazer Geistlichen: "Er war ein kritischer Geist, der den Mut besaß, auch in aktionistischer Weise auf die Situation armer Menschen hinzuweisen und hat jenen eine starke Stimme gegeben, die in unserer Gesellschaft oft nur wenig Gehör finden", sagten Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) und dessen Vize Anton Lang (SPÖ). Pucher stehe für "grenzenlose, wahre Nächstenliebe", urteilte das Duo, das dem Pfarrer für sein nachhaltiges Wirken zu größtem Dank verpflichtet sei.

Ein "Vergelt's Gott" von Bischof Wilhelm Krautwaschl

Reaktionen kamen auch aus der Katholischen Kirche: Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl zeigte sich tief getroffen vom überraschenden Tod seines Weggefährten: "Die Leistungen von Wolfgang Pucher für die Menschen am Rande kann man nicht hoch genug einschätzen." Er sei "ein unermüdlich laufender Motor in unserer Diözese" gewesen, "dessen Bestimmung es war, Not zu lindern". Mit seiner Umtriebigkeit habe Pucher viele gefordert, aber dadurch Großartiges bewirkt: "Die Vinziwerke sind ein professionelles Hilfswerk, das die Wurzeln von Armut bekämpft; ein Netzwerk der Nächstenliebe, das weit über die Diözese Graz-Seckau hinauswirkt. Für sein Leben in der Nachfolge Jesu Christi sage ich ein herzliches Vergelt's Gott. Möge er nun Frieden an der Seite Gottes finden", so Bischof Wilhelm.

Für die evangelische Kirche haben Superintendent Wolfgang Rehner und Superintendentialkurator Michael Axmann ihre tiefe Betroffenheit ausgedrückt. Man habe große Hochachtung davor, wie Pfarrer Pucher seinen Glauben in konkrete Handlungen umgesetzt hat. Trotz des Gegenwindes, der zeitweise gesellschaftlich spürbar war, habe er sich für Menschenrechtsfragen, wie das Bettelverbot, eingesetzt und sei in seinem Engagement für arme und benachteiligte Menschen seiner christlichen Haltung stets treu geblieben.

Graz will Puchers Andenken bewahren

Auch die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) zeigte sich tief betroffen – sein Einsatz für Menschen, die benachteiligt sind oder oft nicht gesehen werden, sei einzigartig gewesen. Sein Lebenswerk ortet die Stadtchefin in guten Händen, dennoch werde er als Mensch immer ein Vorbild bleiben: "Ich bin traurig und bestürzt und denke in diesen Stunden daran, dass wir so vieles gleich gesehen und gemeinsam gemacht haben. Wie groß der Verlust für die Stadt Graz ist, das ist noch gar nicht abzusehen." Er bleibe dank seines unermüdlichen Engagements und seiner Persönlichkeit aber ein Beispiel für Menschlichkeit. Graz werde Pucher ein ehrendes Andenken bewahren, unterstrich Kahr. Vizebürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne) ergänzte: "Er scheute auch nicht davor zurück, unbequeme Positionen einzunehmen, wenn es um zentrale Menschenrechtsfragen wie das Bettelverbot ging. Sein enormer persönlicher Einsatz und sein Erbe sind unser Auftrag."

"Der große Rebell ist zu Gott heimgekehrt", schreibt indes die steirische Caritasdirektorin Nora Tödtling-Musenbichler, die die Vinziwerke Österreich als Koordinatorin von 2010 bis 2021 leitete, in ihrem Nachruf zum Ableben von Pfarrer Wolfgang Pucher. Tödtling-Musenbichler arbeitete mit dem Verstorbenen ausgezeichnet zusammen. Für sie habe Pucher nach dem Motto "Geht nicht, gibt’s nicht" gelebt, er sei das "soziale Gewissen in Österreich und ein Pionier der Nächstenliebe" gewesen. Als "Vorbild für Nächstenliebe" bezeichnete Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer den Verstorbenen: "Der Anspruch auf Menschenwürde stand für Wolfgang Pucher immer im Mittelpunkt. Er setzte sich für jene ein, die Hilfe benötigten und schenkte mit der Vinzenzgemeinschaft Eggenberg und den VinziWerken vielen Menschen ein Stück Hoffnung. Die Auswirkungen seines humanitären Engagements werden noch weit über sein Leben hinaus zu spüren sein."

Auf Anfrage der Kleinen Zeitung reagierte auch Alt-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) emotional. Er erinnerte sich an eine ganz besondere Begegnung bei der Neueröffnung der renovierten Marienkapelle in Zerlach, bei dem Pucher die Eröffnungsgottesdienst zelebrierte: "Er sagte immer 'Landsmann' zu mir, weil wir aus derselben Region waren" - eben jene Region, in der auch die Kapelle steht. Zu ihr hatte für Pucher eine besondere Bedeutung: "Darin befindet sich das einzige Bild seines im Krieg gefallenen Vaters", so Schützenhöfer. Der einstige Landeschef würdigt das Engagement des Pfarrers, mit dem er mehr als 40 Jahre freundschaftlich verbunden war: "Vor etwa einem Monat haben wir uns das letzte Mal unterhalten, für ganze eineinhalb Stunden". Es ging um die Kirche und die Politik - und die eigene Gesundheit, betonte Schützenhöfer, der gleichsam die direkten und klaren Worte des Geistlichen unterstrich. Für die Politik sei das oft nicht einfach, aber regelmäßig eine Mahnung gewesen.

Würdigung für Pucher: "Ein Vorbild für alle"

Weitere politische Reaktionen ließen nach der Erstmeldung des Todesfalls am Vormittag nicht lange auf sich warten. "Welch traurige Nachricht, dass dieser große Mensch von uns gegangen ist. Sein Lebenswerk für Graz und die Steiermark wird bleiben", betonte Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ). Auch FPÖ-Landesparteichef Mario Kunasek honorierte das soziale Engagement des Verstorbenen: "Sein aufopferungsvoller Einsatz für die Ärmsten unserer Gesellschaft sowie seine umfassende Hilfe für zahlreiche Personen in Notlagen folgten dem christlichen Prinzip der Nächstenliebe." Anerkennung kam auch von Grünen-Landeschefin Sandra Krautwaschl. Sie war gerade am Weg ins Vinzitel, wo sie sich als freiwillige Helferin einschulen lässt, als sie die Information zum Ableben von Pucher erhielt: "Wie er allen Menschen auf Augenhöhe begegnet ist, sollte ein Vorbild für uns alle sein. Die Menschlichkeit stand bei ihm über allem. Er war nicht weniger als das soziale Gewissen der Steiermark".

SPÖ-Bundesparteichef Andreas Babler zeigte sich ebenfalls erschüttert: "Mit Wolfgang Pucher verliert Österreich eine großartige Persönlichkeit und einen unermüdlichen Förderer des sozialen Miteinanders." Sein Lebenswerk sei beeindruckend, sein kompromissloses soziales Engagement für Menschen in Not beispielgebend, so Babler. "Er zeigte jahrzehntelang, was so wichtig ist: Nämlich hinschauen, wo andere wegschauen, und ganz konkret helfen. Gerade jetzt, wo immer
mehr Menschen zu Bittstellerinnen und Bittstellern degradiert werden."

Der Grazer ÖVP-Parteichef Kurt Hohensinner würdigte Pucher indes als "aktiven Förderer des sozialen Miteinanders": "Sein Wort hatte Gewicht und regte zum Nachdenken an, egal ob man seiner Meinung war oder nicht." Der Geistliche habe "in unserer Stadt bleibende Spuren hinterlassen, die weit über seinen Tod hinaus wirken werden. Er wird Graz fehlen!" Claudia Klimt-Weithaler, Klubobfrau der KPÖ im Landtag, ergänzte: "Er hat dort selbstlos geholfen, wo sonst niemand hingesehen hat – oder hinsehen wollte. Mit ihm verlieren Graz und die Steiermark einen konsequenten und streitbaren Fürsprecher für Gerechtigkeit und Menschenwürde."