Unai Emery musste einem leidtun. Die Hände vors Gesicht geschlagen, schien der Trainer von Paris Saint-Germain den Tränen nahe, als Sergi Roberto in der 95. Minute jubelnd abzog. 1:6 verlor Frankreichs Serienmeister das Achtelfinal-Rückspiel der Champions League in Barcelona und schied nach dem 4:0 in Paris noch aus. Das Sportblatt "L'Equipe" fasste die Stimmungslage zusammen: "Unbeschreiblich."

Es sollte das Jahr sein, an dem PSG endlich auch in der Königsklasse Großes anschreiben kann. In der heimischen Liga wenig gefordert, wurde von den Club-Besitzern aus Katar zumindest das Halbfinale als Ziel anvisiert. Der mit dem FC Sevilla in den vergangenen drei Jahren stets in der Europa League siegreich gebliebene Emery sollte dies bewerkstelligen.

In der 62. Minute schien die Hürde Barcelona aus dem Weg geräumt zu sein. Torjäger Edinson Cavani traf zum 1:3, nachdem PSG endlich ins Spiel gefunden hatte. Emery fiel an der Seitenlinie allen Umstehenden um den Hals, die Angst des Ausscheidens schien verflogen. Cavani und Angel di Maria ließen bei Kontern beste Möglichkeiten auf einen zweiten Treffer aus - ehe Barcelona in einem für unmöglich gehaltenen Finish noch dreimal traf. Emery sparte danach nicht mit Kritik.

Der Schiedsrichter bekommt auch sein Fett ab

Zwar bekam auch Referee Deniz Aytekin sein Fett ab, die Vorstellung seiner Elf brachte Emery jedoch mehr in Rage. "Die Entscheidungen des Schiedsrichters waren gegen uns. Aber deshalb sind wir nicht ausgeschieden", betonte der 45-Jährige. "In den letzten Minuten haben wir alles verloren, für das wir so hart gearbeitet haben." Der katarische Club-Boss Nasser Al-Khelaifi sagte indes: "Es gibt keine Entschuldigungen."

Laut Statistik brachte PSG ab der 85. Minute nur vier Pässe an den Mann, drei davon durch Anstöße nach den Gegentoren. "Ich weiß nicht, was zwischen dem 1:3 und 1:6 passiert ist. Wir wollten uns nicht zurücklehnen, das war sicher nicht der Plan", meinte Mittelfeldmann Adrien Rabiot. Der auf der Tribüne sitzende Al-Khelaifi stellte fest: "Das ist ein Albtraum für uns alle. Wie man sich vorstellen kann, ist es schwer, drei Tore in sieben Minuten zu akzeptieren."

Frühstes Aus seit vier Jahren

Für PSG ist es das früheste Aus in der Königsklasse seit vier Jahren. An Barcelona war man 2013 und 2015 jeweils im Viertelfinale gescheitert. Erneut verpasste es der französische Serienmeister damit, sich auf der großen Bühne als europäischer Fußball-Machtfaktor zu etablieren. Emery wurde nach dem Spiel vorerst nicht offen infrage gestellt. "Wir müssen uns nun einmal beruhigen", sagte Al-Khelaifi.

Für den Katarer war vor allem die Vorstellung in den ersten 45 Minuten unerklärlich. Das im Hinspiel noch überragende Mittelfeld mit Marco Verratti, Adrien Rabiot und Blaise Matuidi hatte kaum Zugriff auf die Aktionen des Gegners. Zu Konterattacken konnte PSG nicht ansetzen. Der mit Sevilla des öfteren im Camp Nou angetreten Emery meinte, dass sich seine Akteure von der Atmosphäre ablenken hätten lassen. Dem gab Rechtsverteidiger Thomas Meunier recht.

"Wir haben die Nerven verloren, als wir den Enthusiasmus der Katalanen gesehen haben. Wir haben ihnen von Anfang an das Spiel überlassen. Selbst als wir den Ball hatten, wussten wir nicht wohin damit", stellte der belgische Internationale unumwunden fest. Nach Schlusspfiff habe Begräbnisstimmung in der Kabine der Franzosen geherrscht. "Es ist schwer zu erklären. Wir haben es erlaubt, uns zum Opfer zu machen."