Für Furore in den Online-Netzwerken der Republik sorgt zurzeit ein Text des Wiener Unternehmers Alexander Wacker, den dieser heute auf seinem Weblog publizierte.

Eigentlicher Aufhänger der Schilderungen Wackers ist die Registrierkassenpflicht, die als Teil der Steuerreform nun für große Aufregung bei Wirten sorgt. Viel stärker geht es in dem Text aber um bürokratische Mühen, die der Österreicher bei der Gründung eines eigenen Gastro-Betriebes auf sich nehmen musste. Oder wie es Wacker formuliert: "Gleich bei meinem ersten Anruf bei einer Behörde zu Projektbeginn wieherte der Amtsschimmel laut ins Telefon."

Die Gewerbebehörde wollte den Uni-Abschluss nicht anerkennen, nach 2,5 Monaten und einigen Interventionen von unterschiedlichsten Seiten tat sie das doch.

"Registrierkassenpflicht oder das Raunzen ist der Wirte Gruß" https://t.co/pA4Alf9pId

— AlWacker (@AlWacker) March 18, 2015

Schräg scheint auch der von Wacker skizzierte Zuständigkeitszirkus. Weil das geplante Lokal an der Grenze von drei Wiener Bezirken entstehen sollte, begann recht rasch ein behördlicher Verdrängungswettbewerb - keiner wollte für die Baubewilligung zuständig sein. Wacker: "Um die Sache abzukürzen: Das Lokal lag genau auf der Bezirksgrenze von 3 Bezirken, der größte Anteil lag im 7. Bezirk und dieses Bezirksamt war nach einigem hin und her für uns zuständig."

"Schicken's mir eine Visitenkarte"

Der nächste Schritt ging in Richtung Finanz: "Das Bezirksfinanzamt rief mich an und lud mich ein, zu einem Termin vorbei zu kommen. Da erklärte man mir dann, dass ich nachweisen müsste, dass mein Unternehmen keine „Scheinfirma“ sei und Rechnungen vorlegen sollte. Das konnte ich nicht, denn ich hatte ja noch nicht einmal mit dem Bau des Lokals begonnen. Einige Anrufe und Diskussionen später fragte mich der Beamte, ob ich denn schon Visitenkarten hätte und dann „Schicken ‘s mir bitte eine Visitenkarte für meinen Unterlagen, das reicht dann schon als Nachweis, dass ihre Firma nicht nur am Papier (sic!) existiert"."

Nach langen und zähen Verhandlungen bekam Wacker den Bescheid für die Betriebsanlagenbewilligung. Ähnlich lange schien es zu dauern, um zu erfahren, nach welchem Kollektivvertrag der Arbeitgeber künftige Arbeitnehmer anstellen darf. "Schlussendlich bekam ich vom zuständigen Fachgruppenleiter ein Schreiben mit einer Entschuldigung für die bisherigen Falschauskünfte und dem Hinweis, dass ein anderer – bisher nicht genannte – Kollektivvertrag anzuwenden sei."

Genormte Gaderobenkästchen und Schwarztee

Nachdem auch diese Frage geklärt war, folgten Wochen, in denen Wacker "lernen musste, dass in Österreich wirklich jede Kleinigkeit gesetzlich geregelt ist." Diskutiert wurde über die "vorgeschriebene Farbe (sic!) für Küchen-Schneidbretter oder die gesetzlich genormte Größe von Garderobenkästchen". Wacker: "Es gibt auch sicher Gründe, warum für Früchtetee eine Mehrwertsteuer von 10 % und für Schwarztee von 20 % gilt oder warum im Kollektivvertrag geregelt ist, wie viel man einem Mitarbeiter für das Zerbrechen eines Tellers in Rechnung stellen darf, ich möchte sie aber gar nicht kennen."

Weiter ging es mit normierten Mülleimern, Papiersackerln, Sicherheitsgläsern, rutschfesten Fliesenoberflächen oder der gutachterlich bestätigten Herzschrittmachertauglichkeit des Induktionsherdes.

"Keinen blassen Schimmer"

Irgendwann, das Lokal war eröffnet, nahm bei Alexander Wacker die Resignation Überhand. "Wir führten Bioprodukte ein, beschlossen dann aber sie nicht als solche auszuloben, denn dann hätten wir externe Prüfer bezahlen und unzählige Aufzeichnungen führen müssen. Wie schon erwähnt, all diese Bestimmungen gibt es aus gutem Grund."

Wackers Conclusio: "Es überraschte mich immer wieder, wie viele Menschen keinen blassen Schimmer hatten, was im Hintergrund eines Unternehmens mit ca. 20 Mitarbeitern alles zu tun ist."