Wenn Rafael Nadal in Roland Garros heute im Viertelfinale gegen Novak Djokovic erstmals mit dem Aufschlag an der Reihe ist, wird sich Folgendes zutragen: Zuerst putzt der Spanier mit seinem Schuh die Linie, dann klopft er sich mit dem Racket den Sand von seinen "Tretern", dann zupft er an der stets zu eng scheinenden Hose, dann an seinem Shirt, ehe er sich die Haare hinter die Ohren klemmt, kurz auf die Nase greift und nochmals die Haare hinter den Ohren "verstaut". Und erst dann päppelt Rafael Nadal den Ball auf . . .


Ach ja, dass der Tennis-Titan aus Aberglauben bei jedem Match erst dann von der Bank aufsteht und den Platz betritt, wenn der Gegner und der Schiedsrichter bereits beim Netz auf ihn warten, sei hier nur nebenbei erwähnt. Aber sonst - ja sonst ist Rafael Nadal ganz normal.

Toiletten-Problem

Nun gut, der "Matador aus Manacor" mag die Dunkelheit nicht so besonders, schläft lieber bei Licht und laufendem Fernseher. Auch Tiere sind ihm nicht wirklich geheuer - sie würden ihm ein unheimliches Gefühl geben, weil er nie wisse, was sie im Schilde führen. Und vor einem Match hat er stets ein gewisses Toiletten-Problem - "in der letzten Stunde muss ich fünf bis sechs Mal aufs WC laufen", gesteht das Tennis-Ass.


Das mit der Toilette muss sich der Ausnahmekönner aber gut einteilen, denn 45 Minuten vor jedem Match duscht er sich nochmals eiskalt ab. "Dabei trete ich in einen Zustand ein, in dem ich meine Kräfte wachsen spüre", verrät Nadal, der immer mit sechs Rackets auf den Platz marschiert und jeden Schlägergriff zuerst mit einem schwarzen und dann mit einem weißen Band umwickelt.

Rituale

Das Befeuchten der Haare und das folgende Überstreifen des Stirnbandes sind andere, unverzichtbare Rituale, die Nadal angeblich zusätzliche Kraft verleihen. Ebenso wie die Verbände an seinen Fingern und die ersten zwei Schlucke aus zwei verschiedenen Flaschen auf dem Platz, das genaue Aufstellen dieser Flaschen, die hintereinander stehend schräg zur Längsseite des Platzes ausgerichtet sein müssen. Dies sei aber kein Aberglaube, sondern eine Art Im-Match-Ankommen.


Und ist Nadal erst einmal im Match angekommen, sieht es für seine Gegner meist schlecht aus. Vor allem in Paris, wo der 54-fache Turniersieger seinen zehnten (!) Titel anpeilt. Wobei Nadal heuer nicht verleugnen kann, dass er die schwächste Sandplatz-Saison seit 2004 hingelegt hat. Ein Jahr später begann seine unglaubliche Dominanz vor allem auf Asche und besonders beim Major in Paris. Nur 2009 musste sich der Mallorquiner sensationell Robin Söderling im Achtelfinale beugen - doch in Nadals Sensationsbilanz ist dies die einzige Niederlage in Roland Garros: Nadal ist mit einem 66:1-Polster nach Paris gefahren...

ALEXANDER TAGGER