Verlockende Aussichten für Athen: Während der IWF den Griechen Druck macht, hat Russland Griechenland eingeladen, an der Entwicklungsbank der sogenannten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) teilzunehmen. Dies teilte das Büro des griechischen Regierungschefs Alexis Tsipras mit. Die "New Development Bank" der BRICS-Staaten war 2014 als Alternative zur Weltbank und zum Internationalen Währungsfonds (IWF) gegründet worden. 

Wie es aus Kreisen der Regierung am Dienstag hieß, werde Tsipras darüber mit russischen Vertretern reden, wenn er am 18. Juni zu einem Wirtschaftsforum nach Sankt Petersburg reist. Die griechische Wirtschaftspresse äußerte Zweifel daran, dass sich das pleitebedrohte Land an der Bank beteiligen könnte.

Athen treibt 600 Millionen Euro ein

Griechenland hat unterdessen bei verschiedenen staatlichen Ebenen rund 600 Millionen Euro zur Finanzierung der laufenden Verpflichtungen eingetrieben. Bis Montag hätten Regionalregierungen 64,5 Millionen Euro überwiesen und andere staatlichen Einrichtungen weitere 535,8 Millionen Euro, erklärte Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis am Dienstag in Athen.

Am Montag hatte die Regierung 750 Millionen Euro an den IWF zurückgezahlt. Nach Informationen zweier Regierungsvertreter in Athen wurde zur Begleichung dieser Schuld beim Währungsfonds (IWF) auf eigene IWF-Reserven zurückgegriffen. Ein Regierungsvertreter sagte, das IWF-Konto müsse "binnen einiger Wochen" wieder aufgefüllt werden. Vor der Zahlung waren Zweifel aufgekommen, ob die Regierung genug Geld aufbringen kann.

IWF-Mitgliedsländer unterhalten bei dem Fonds zwei Konten: Auf einem sind die Einlagen des Landes beim IWF geparkt, das zweite ist für Notfälle gedacht. "Wir haben auf das Notfallkonto zugegriffen", sagte ein Regierungsvertreter. Zudem habe die Regierung 100 Millionen Euro aus ihren Barreserven mobilisiert.

Die Europartner streben innerhalb der kommenden drei Wochen einen Kompromiss mit dem pleitebedrohten Griechenland über ein Reformpaket an. Das wurde am Montag beim Euro-Finanzministertreffen in Brüssel deutlich. Offiziell äußerte sich Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nicht zu konkreten Fristen. "Wir brauchen diese Abmachung so schnell wie möglich, bevor Dinge schieflaufen." Der Chef des Eurorettungsschirms ESM, Klaus Regling, ergänzte: "Es ist nicht mehr viel Zeit übrig."

An diesem Dienstag setzen die Finanzminister ihre Beratungen im Kreis aller EU-Mitglieder fort. Das krisengebeutelte Griechenland steht nach den Gesprächen innerhalb der Eurogruppe vom Montag nicht auf der Agenda, dürfte aber zur Sprache kommen.

Schuldenrate überwiesen

Griechenland sorgte bei dem Treffen am Montag für Erleichterung, denn es überwies die am Dienstag fällige Schuldenrate von gut 756 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Der griechische Ressortchef Gianis Varoufakis habe versichert, dass der Krisenstaat zu seinen internationalen Schuldenverpflichtungen stehe, so Dijsselbloem.

Die Eurogruppe hat bis zum Auslaufen des Hilfsprogramm Ende Juni Zeit zu einer Einigung. Da die Kassen in Athen leer sind und eine Abmachung noch in mehreren nationalen Parlamenten gebilligt werden muss, solle der Deal bis Anfang Juni stehen, so Diplomaten.

Laut EU-Währungskommissar Pierre Moscovici gibt es aber noch deutliche Meinungsunterschiede bei den geforderten Renten- und Arbeitsmarktreformen. Annäherung gab es hingegen bei der Mehrwertsteuerreform und der Schaffung einer unabhängigen Behörde für die Steuereinnahmen.

Geht Hellas bald das Geld aus?

Es gibt die Sorge, dass Griechenland bald das Geld ausgehen könnte und das Land in die Zahlungsunfähigkeit rutscht - mit unabsehbaren Folgen. Die bisherigen Hilfen für Griechenland belaufen sich auf 240 Milliarden Euro. Varoufakis sagte: "Wir gehen Kompromisse ein, um einen Abschluss zu erreichen." Mit Blick auf die angespannte Finanzlage sagte er: "Das Liquiditätsthema ist ein sehr dringendes." Er ließ es aber im Detail offen, wie lange das Geld noch reicht.

Der Wirtschaftsberater der griechischen Regierungspartei Syriza, Theodorus Paraskevopoulos, bekräftigte in der ORF-"ZiB2"einmal mehr , das Griechenland nicht daran denkt, alle Forderungen seiner Geldgeber zu erfüllen. Vor allem fordere der Internationale Währungsfonds "den Kündigungsschutz abzuschaffen und Massenentlassungen zuzulassen bei der Privatwirtschaft, und das will die griechische Regierung nicht, weil das ja auch nichts mit der Schuldenfrage zu tun hat, und es würde auch die Nachfrage weiter drücken und eine neue Rezession herbei führen."