Eine durchwachsene Bilanz zieht der Evaluierungsbericht zur Neuen Mittelschule (NMS). Diese Schulform war von Unterrichtsministerin Claudia Schmied eingeführt worden, um die Hauptschulen an das Niveau der Unterstufe der Gymnasien heranzuführen und den Überstieg zu erleichtern. Dieser Effekt scheint aber auf weite Strecken verfehlt worden zu sein. In den ersten Jahrgängen wurden zwar Verbesserungen des Unterrichts und ein Rückgang an Gewalt in der Schule verzeichnet. Diese verbesserte Lernumwelt habe aber nicht durchgehend zu besseren Leistungen der Schüler und einer höheren Bildungsgerechtigkeit geführt, heißt es im Bericht.

"Die veränderte und verbesserte Schul- und Lernumwelt wirkt sich jedoch nicht durchgehend und nicht konsistent in verbesserten Leistungen bzw. Zuwächsen im fachlichen und im überfachlichen Bereich aus", heißt es im von dem Erziehungswissenschafter Ferdinand Eder von der Universität Salzburg und Kollegen erstellten Bericht. "Insgesamt gibt es keine belastbaren Hinweise, dass das Niveau der NMS im Durchschnitt über jenem vergleichbarer Hauptschulen liegt. Vielmehr bestehen Zweifel, ob dieses an allen Standorten tatsächlich erreicht wird." Sehr wohl Leistungsverbesserungen wurden nur im ersten NMS-Jahrgang bzw. jenen "Modellklassen" registriert, in denen das NMS-Konzept intensiver umgesetzt wurde.

Ungleichheit nicht beseitigt

Auch die gesellschaftspolitischen Ziele wurden nur bedingt erreicht: "Erwartete Begleitfolgen der NMS hinsichtlich Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit treten nur teilweise ein", heißt es. "Die Wirkung der bekannten Ungleichheitsfaktoren - Geschlecht, familiäre Herkunft, unterschiedliches Leistungspotenzial der Schülerinnen und Schüler - unterscheidet sich nicht substanziell von jener in der Hauptschule. Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund könnte es hingegen ein kleiner Vorteil sein, eine NMS zu besuchen."

Der Bericht liefert auch Erklärungen, warum die Ziele nur teilweise erreicht wurden: Einerseits beziehe sich die Evaluierung nur auf die Anfangsjahrgänge der NMS. In diesen seien die Lehrer zwar stark engagiert gewesen, allerdings habe es noch einen "Mangel an wissenschaftlich abgesichertem Wissen und an praktikablen Konzepten gegeben". Deshalb sei das NMS-Konzept an mehr als der Hälfte der Standorte nur unzureichend umgesetzt worden. "Aus den Analysen gibt es Hinweise, dass in den Modell- und Plusklassen, wo eine intensivere Umsetzung erfolgt ist, die Ergebnisse insgesamt etwas günstiger liegen."

"Nicht attraktiver als die Hauptschule"

Die fehlende Zielerreichung führen die Autoren auch darauf zurück, dass die NMS "nicht als Ersatz, sondern in Konkurrenz zu etablierten Schulformen eingeführt und - wie sich zeigt - sozial selektiv ausgewählt wurde. Der Anspruch, eine sozial und mit Blick auf Bildungsvoraussetzungen ausgewogen durchmischte Schülerschaft anzuziehen, konnte unter diesen Bedingungen - von einzelnen Standorten abgesehen - nicht eingelöst werden."

Daten der Bildungsdokumentation zeigen einen "geringfügigen Zuwachs" der NMS-Absolventen (gegenüber Hauptschulabgängern) beim Übertritt in Oberstufengymnasien -"eine Verringerung der Zugangsfrequenz zur Unterstufe der AHS zugunsten der NMS ließ sich nicht feststellen". Das bedeutet im Endeffekt, dass die NMS als nicht attraktiver als die Hauptschule empfunden wurde.