Am Bach gespielt, auf Kirschbäume gekraxelt, Höhlen in den Weinberg gebuddelt – Hannes Sabathi war als Bub ein Wilder. Und er hatte seinen eigenen Kopf. Immer schon. Die Weinlese, das Pressen der Trauben – all das passierte buchstäblich vor seiner Nase im elterlichen Betrieb. Interessiert hatte es ihn deshalb noch lange nicht. Erst die Weinbauschule Silberberg brachte ihn auf Kurs. Vor zehn Jahren übernahm er den Familienbetrieb und hat bereits 16 Ernten hinter sich.

Er ist noch immer ein Wilder, ein Unbequemer, einer mit Ecken und Kanten. Einer, der gegen den Strom schwimmt, dem Mainstream davon. Vielleicht sind seine Weine deshalb so außergewöhnlich.

Wo liegt der Unterschied zwischen dem Weinbauern von vor zehn Jahren und dem von heute?
HANNES SABATHI: Anfangs habe ich Wein nach dem Lehrbuch gemacht und auf mein Bauchgefühl gehört. Ich bin ins kalte Wasser gesprungen und im Endeffekt war’s das Richtige. Es ist eine Philosophie der tausend Schritte. Auch wenn ich manchmal nicht genau sagen kann, warum ich lieber heute als morgen ernte – die Summe der Entscheidungen macht den Winzer aus.

Welchen Stellenwert nimmt in dem Zusammenspiel aus Winzer, Boden und Rebstock der Mensch ein?
SABATHI: Der Winzer ist es, der den Wein mit seinen Ideen, seinem Gespür beeinflusst. Es ist wie beim Kochen. Wenn drei verschiedene Köche das gleiche Fleisch verarbeiten, kommt immer etwas anderes dabei heraus. Beim Winzer ist es genauso – deshalb trinkt man ja auch genau diesen Wein von dieser Lage, weil man weiß, wie eben dieser Winzer begleitend eingreift.

Wie viel Gespür ist denn mit dabei, wenn Sie Wein machen?
SABATHI: Ich höre noch heute auf mein Bauchgefühl, aber mit der Zeit ist die Analyse dazugekommen. Ich koste die Trauben und schaue mir analytische Daten wieden Zuckerwert an – zur Absicherung. Erfahrung lässt sich aber nicht messen.

Sie beschreiben Ihre Weine der Lagen Kranachberg und Jägerberg als knochig und körnig, was genau meinen Sie damit?
SABATHI: Der Ursprung unserer Böden liegt etwa 30 Millionen Jahre zurück. Die Randgebirge erhoben sich, es bildeten sich Becken. Vor rund 16 Millionen Jahren füllten sie sich mit Abtragungsschutt und als sich das Mittelmeer zurückzog, hinterließ es Sande und Leichtkalke. Lässt man dieses Sand-Schottergemisch langsam durch die Fingerrieseln, fühlt es sich genauso an, wie die Weine unserer Lagen schmecken. Eine filigrane Struktur, mit körniger Säure, eine vegetable Aromatik in der Nase, am Gaumen knochig. Jeden Hügel gibt es nur einmal auf der Welt – und auf diesem gelingen komplett eigenständige authentische Weine, die es eben nur einmal auf der Welt gibt.

Wird das wahrgenommen?
SABATHI: Heute schon. Nur durch Einzigartigkeit kann man bestehen. Ich habe nie abgekupfert. Auf Dauer kann man beim Wein nichts kaschieren. Je älter er wird, desto eher erzählt er dir, woher er kommt. Wie der ältere Mensch, der irgendwann zu seinen Wurzeln zurückkehrt.

Familienmensch: Hannes Sabathi
Familienmensch: Hannes Sabathi © Sabathi