Schon der erste "Tatort" aus Berlin sorgte durch seine höchst unkonventionelle, aber auch überaus spannende Aufbereitung für gebührend hohe Einschaltquoten. Einigen Diskussionstionsstoff  lieferte nicht zuletzt auch das eher exzentrische, zuweilen auch chaotische und undurchschaubare Privatleben des Ermittlerduos Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke). Schon einige Stunden vor der Ausstrahlung des zweiten Berlin-Krimis, "Ätzend",  kursierten Gerüchte, wonach es diesmal zu einer zusätzlichen "Enthüllung" kommen könnte. Sie war völlig unspektalulär und gebührend beiläufig. Karow nimmt in einer Bar Blickkontakt mit einem anderen Gast auf - die nächste Einstellung zeigt ihn in den frühen Morgenstunden mit nacktem Oberkörper bei der "Zigarette danach" rauchend auf seinem Balkon. Fall erledigt, so ist es zumindest zu hoffen.

Zumal der Krimi rund um Leben und Sterben in der Illegalität für reichlich viel Spannung und Sozialkritik sorgte. "Einfach plattgewalzt, das ganze Kleinbürgerglück". So lautet ein lapidarer Satz von Kommissar Karow, der viel reale Tragik in sich birgt.

Zentrales Element

Denn mittlerweile sollte auch der Umgang mit dem Thema selbstverständlich sein. Dennoch dauerte es 962 Episoden, ehe sich die Verantwortlichen zu einem schwulen Ermittler durchringen konnten. Und das, obwohl das meist recht turbulente Privatleben der Protagonisten und Protagonistinnen seit jeher ein zentrales Element in den "Tatort"-Sonntagskirmis ist.

Bisher gab es nur im Schweizer "Tatort" eine homosexuelle Hauptfigur, die lesbische Kommissarin Liz Ritschard (Delia Mayer). Bereits im September hatte sich mit dem von Sylvester Groth gespielten Hauptkommissar Jochen Drexler ein Ermittler im "Polizeiruf 110" als schwul geoutet. Allerdings war das gleichzeitig auch seine Krimi-Abschiedsvorstellung.

Zuruf der Quotenkönige

Unterstützung für das "Coming-out" gab es schon vor einiger Zeit von den Kollegen und "Tatort"-Quotenkönigen aus Münster, die sich für einen homosexuellen Kollegen aussprachen.  "Ich glaube schon, dass auch das Publikum einen schwulen Kommissar oder eine lesbische Kommissaroin akzeptieren würde. Das könnte ja auch sehr interessante Situationen ergeben", sagte Publikumsliebling Axel Prahl.