Zum einen überschattete die Amokfahrt eines 26-jährigen Familienvaters vor einer Woche die Eröffnung der diesjährigen Festspiele, die noch dazu unter dem Motto "...und lachte" steht. Zum anderen führten zwei Krankheitsfälle zu kurzfristigen Programmänderungen.

Bereits vergangenen Sonntag hatte sich Stardirigent Nicolas Harnoncourt für zunächst zwei Abende (27. und 28. Juni) krank gemeldet. Am Tag vor der Eröffnung fiel dann auch noch der britisch-koreanische Pianist Richard Hyung-ki Joo aus, der gemeinsam mit dem deutsch-russischen Geiger und Kabarettisten Aleksey Igudesman am Freitag als Hauptact engagiert war.

Wie geplant hielt der oberösterreichische Zeichner und Cartoonist Gerhard Haderer die Eröffnungsrede des Festivals. Haderer war von styriarte-Indendant Mathis Huber unter dem Eindruck des blutigen Terroranschlags auf die Pariser Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" vom 7. Jänner dieses Jahres als Eröffnungsredner eingeladen worden.

Gefährliche Ideenlosigkeit

Haderer verwarf nach eigener Aussage angesichts der Ereignisse in Graz vor einer Woche sein vorbereitetes Manuskript zu den Terroranschlägen von Paris jedoch. Der 64-Jährige, der es sich ausdrücklich verbat, als Witzezeichner oder Humorist charakterisiert zu werden, hielt stattdessen einen zornigen Appell an die Gesellschaft angesichts von Wahnsinnstaten, extremistischem Terror und Flüchtlingstragödien, die herrschende "absurde Weltordnung" gemeinsam zu ändern.

"Wir sollten es nicht nur hoffen, wir müssen es auch tun", so der Karikaturist, der unter anderem den norwegischen Ex-Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg mit seinen Worten nach den Osloer Rechtsterror-Anschlägen vom 22. Juli 2011 und jenen Artikel der US-Verfassung der jedem Menschen das Recht auf Streben nach Glück ("the pursuit of happiness") garantiert, zitierte.

Des weiteren attackierte er indirekt die österreichische Politik und warf ihr gefährliche Ideenlosigkeit vor. Er wolle alle Künstler der Welt einladen eine "Schule des Ungehorsams" zu gründen, und damit "den Politikern in ihrer mittlerweile erstarrten Hilflosigkeit Ideen liefern und sagen, was sie zu tun haben". Haderer erntete mit diesem Appell frenetischen Applaus der rund 750 Eröffnungsgäste in der Kasemattenbühne auf dem Grazer Schlossberg - die Kasematten waren damit zu rund drei Viertel gefüllt.

Im Anschluss an Haderers flammenden Aufruf an die Macht der Kunst, die Welt zu verändern, absolvierte Schnellfeuergeiger Igudesman sein bewährtes Solo-Musikkabarett "From Russia with Love - Die lachende Geige". Unterstützung als "Special Guest" erhielt er dabei von seiner betörenden moldawischen Violin-Kollegin Rusanda Panfilis.

Buntes Gemisch

Während man für den Eintritt in die Kasematten zwischen 18 und 34 Euro berappen musste, waren alle anderen Konzerte nach bewährter styriarte-Eröffnungspraxis gratis. Erstmals auf dem Grazer Schlossberg bot man dem Spaziergänger-Publikum ein buntes Gemisch aus Klassik (Bläserquintett Quintessenz), Avantgarde (Graz Chamber Brass) und modernem Crossover-Folk (Lala, Netnakisum, Aniada a Noar). Trotz, oder möglicherweise wegen, des perfekten Sommerwetters dauerte es eine Weile, bis sich größeres Publikum um die Auftrittsorte auf dem Schlossberg scharte.

Für viel Lachen sorgte auf jeden Fall der New Yorker Straßenclown Adrian Schwarzstein, der vor dem Schlossbergrestaurant mit einem dankbar mitspielenden Hund eines Passanten einen fulminanten Spontantanz um den Futternapf hinlegte. Die styriarte dauert noch bis zum 26. Juli.