Was ist die AUVA? Und warum bastelt die Regierung an einer Zerschlagung?

Sieben Spitäler, vier Reha-Zentren, 5.000 Mitarbeiter, 370.000 Patienten im Jahr - das ist, in Zahlen formuliert, die Unfallversicherungsanstalt. Die Besonderheit: Sie ist vor allem für Arbeitsunfälle zuständig. Und: Sie wird ausschließlich von den Arbeitgebern finanziert, weil sie gesetzlich dazu verpflichtet ist, Arbeitsplätze sicher zu gestalten, und eine Behandlung im Fall von Arbeitsunfällen sicherzustellen ("Fürsorgepflicht").

Genau das ist offenbar der Stein des Anstoßes, der die arbeitgeberlastig motivierte türkis-blaue Regierung dazu animiert, ein Aufgehen in der Gebietskrankenkasse ins Auge zu fassen (die je zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert wird).

Der Arbeitgeberbeitrag für die Unfallversicherung(derzeit durchschnittlich 26 Euro pro Beschäftigtem) soll gleichzeitig von 1,3 auf 0,8 Prozent des Bruttolohnes sinken. Das würde eine Senkung der Lohnnebenkosten um 500 Millionen Euro bedeuten - genau jene 500 Millionen, die Sozialministerin Beate Hartinger-Klein an Einsparungen von der AUVA sehen will.

Wenn die AUVA nicht glaubhaft machen kann, dass sie die 500 Millionen einsparen kann, will Hartinger-Klein die Unfallversicherungsanstalt in der neuen großen Krankenversicherungskasse aufgehen lassen. Folgerichtig bedeutet das, dass ein Teil allfälliger fehlender Mittel künftig von den Arbeitnehmern aufzubringen ist.

Dazu muss man wissen: Die 500 Millionen sind fast 40 Prozent des Gesamtbudgets der AUVA. AUVA-Obmann Anton Ofner sagt:  Eine solche Summe sei nur einzusparen, wenn man einen Teil der Spitäler oder Reha-Zentren zusperrt. Er ist aber willens, die Vorgaben der Regierung zu erfüllen.

Zahlenfüchse haben ausgerechnet: Die 100 größten Unternehmen würden 90 Prozent der Lohnnebenkosten-Senkungen lukrieren. Kleine Firmen könnten künftig hingegen um AUVA-LEistungen umfallen.

Versichert bei der AUVA sind rund 4,8 Millionen Menschen - nicht nur die ArbeitnehmerInnen (2,9 Millionen) und die Selbständigen (0,5 Millionen) sondern auch Kindergartenkinder, Schüler und Studierende (1,4 Millionen) sowie die Angehörigen von freiwilligen Hilfsorganisationen.

Aufgaben der AUVA:

  • Die medizinische Akutbetreuung und die Rehabilitation nach Arbeitsunfällen (nach Arbeitsunfällen gibt es zum Beispiel einen längeren Anspruch auf von der AUVA bezahlte Physiotherapie). Die Unfällspitäler sind die Kompetenzzentren für Unfallmedizin.
  • Bei langfristigen Gesundheitsschäden zahlt die AUVA eine Unfallrente an die Geschädigten aus.
  • Während große Unternehmen meist selbst Arbeitsmediziner und Sicherheitsexperten beanspruchen, müssen kleine Firmen solche Leistungen meist zukaufen oder auf die Experten der AUVA zurückgreifen, wie das SP-nahe Magazin Kontrast schildert. Für Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern ist das kostenlos.

Kritikpunkte an der AUVA:

  • Mehrere hundert Millionen fließen auch in Leistungen nach Freizeitunfällen. Von den anderen Kassen bekommt die AUVA diese Leistungen zu zu einem Viertel vergütet. Umgekehrt muss die AUVA für Arbeitsunfälle, die anderen Spitälern behandelt werden, die Kosten voll übernehmen. Hier gibt es tatsächlich Einsparpotenzial (das dann aber zu Lasten der anderen Kassen geht).
  • In der Vergangenheit mangelte es innerhalb der Selbstverwaltung an professionellen Strukturen für Verwaltung und Kontrolle, wie der Rechnungshof 2015 beanstandet hatte.
  • Immer wieder wurde im Zuge von Personalbesetzungen Postenschacher beanstandet. Die teils  beamtenähnlichen Strukturen führten zu Ineffizienz in der Verwaltung. Andererseits wird in den Unfallambulanzen ein Höchstmaß an Leistung erbracht, bei endenwollenden personellen Ressourcen.

Für eine Reform mit entsprechenden Einsparungen war der AUVA von der türkis-blauen Regierung ein Jahr Zeit gegeben worden. Mit der Drohung, eine Auflösung bereits im Mai ins Auge zu fassen, wenn bis dahin keine Zahlen vorliegen, stieß Sozialministerin Beate Hartinger-Klein auch viele Leute aus den Reihen von ÖVP- und FPÖ-Arbeitnehmervertretern aber auch Wirtschaftsfunktionären, die die Leistungen der AUVA kennen und schätzen, vor den Kopf.