Das Sein bestimmt das Bewusstsein: Wie "wurscht" sind Ihnen inzwischen die Grünen?

PETER PILZ: Das ist eine Tür, die ich hinter mir geschlossen habe. Die Grünen sind mir nicht wirklich wurscht, weil das nach wie vor eine wichtige Partei ist. Sie werden sicher in den Nationalrat kommen, und sie sind speziell in Hinblick auf Umweltpolitik und Bildung unverzichtbar. Anderes, was die Grünen nicht machen können oder wollen, werden halt wir machen.

In einer Umfrage rangieren Sie inzwischen auf Platz 4, bei einer anderen Umfrage, in der abgefragt wurde, wem die Menschen am meisten vertrauen, liegen Sie auf Platz 2 hinter Sebastian Kurz. Treten Sie an, um mitzuregieren, oder um die künftige Regierung zu ärgern?

PILZ: Wenn wir, was jetzt möglich erscheint, aus eigener Kraft nicht nur Rot-Blau sondern auch Schwarz-Blau  verhindern können, dann wird es um eine neue Form des Regierens in dieser Republik gehen. Wenn wir dann eingeladen werden, mit am Tisch zu sitzen, werden wir nicht sagen, wir haben keine Zeit.

Wer ist denn der tauglichere Zukunftskanzler: Kurz oder Kern?

PILZ: Wir werden sicher nicht mit der FPÖ gemeinsam regieren, in welcher Koalition auch immer.  Dafür gibt es eine Garantie. Ich bemühe mich um die freiheitlichen Wähler und Wählerinnen und nicht um die freiheitliche Parteispitze. Die ist für mich unberührbar, unabhängig von sachlichen Kooperationen im Parlament, die selbstverständlich sind. Kurz oder Kern – das ist mir im Moment egal, denn: Kern ist zu schwach und Kurz vertritt zwar an und für sich starke Positionen, aber es wird sich in beiden Bereichen etwas ändern müssen, und ich weiß nicht, ob das gelingt.

Gibt es eine Wunsch-Konstellation für eine ménage-à-trois?

PILZ: Nein. Nicht wirklich, Ich wünsche mir, dass die SPÖ wieder zu sich findet und verlässliche sozialdemokratische Politik macht. Und die ÖVP müsste aus dem freiheitlichen Eck herauskommen und wieder eine christlich-soziale Partei werden. Alle drängeln sich alle im rechten Eck und überlassen das Zentrum der Republik eigentlich uns. Da sage ich: Danke, das werden wir politisch nützen!

Ihre Position zu drei Sachthemen: Erstes Thema: Das Sicherheitspaket der ÖVP. Sagen Sie dazu Ja oder Nein?

PILZ: Das ist kein Sicherheitspaket sondern ein Überwachungspaket und insofern ein Paket, das mehr Unsicherheit für die Bürger schafft. Die ÖVP soll Terroristen verfolgen und nicht uns alle überwachen.

Die ÖVP sagt ja, es gehe nur darum, das zu tun, was bisher schon getan wird, nämlich Telefonate zu überwachen, aber halt auch auf Plattformen in den sozialen Netzen.

PILZ: Sie wollen in jeden Computer, in jedes Mail, in jeden Facebook-Account, das ist ein Stasi-Modell, das mit dem demokratischen  Rechtsstaat nichts zu tun hat.

Wenn es aber einen konkreten Verdacht gibt, dass Terroristen auf diesem Weg kommunizieren?

PILZ: Dort, wo es um einen konkreten Verdacht geht, soll es sogar weitergehende Möglichkeiten geben.

Aber genau darum geht es doch: Überwachung bei konkretem Tatverdacht auf gerichtliche Anordnung hin.

PILZ: Die Delikte sind völlig falsch definiert, die Anlassfälle auch. Es sind die  Anlassfälle des polizeilichen Staatsschutzgesetzes, die besagen, wenn der Verdacht besteht, jemand könnte zum Beispiel ein Hassposting machen, dann greifen die Maßnahmen schon. Das ist völliger Quatsch. Jedem von uns kann man das unterstellen. Das ist der Stasi-Staat, und die ÖVP ist in diesem Sinn bedauerlicherweise auf dem Weg zu einer Stasi-Partei.

Zweites Thema: Die SPÖ will 2.500 Polizisten mehr. Ja oder Nein?

PILZ: Wir haben immer mehr Polizisten in Sondereinheiten und in der Verwaltung, und mit Ausnahme von Wien eine Null-Entwicklung anderswo. Am Beispiel Steiermark:  Es gibt keine zusätzlichen Polizisten auf der Straße, seit vielen Jahren. Wenn man also mehr Polizei fordert, muss man dazusagen, wo. Ich will in zwei Bereichen deutlich mehr Polizei: Auf der Straße und in den Wachzimmern, sowie beim Verfassungsschutz. Beim steirischen Verfassungsschutz etwa hat man derzeit so wenige Beamte, dass sie die Überwachung der acht salafistischen Moscheen in Graz aufgeben mussten. Das ist unfassbar!

Damit sind wir beim dritten Thema: Die Grünen sind zornig auf Sie, weil Sie sich die Bekämpfung des Islamismus auf die Fahnen schreiben, obwohl die grünen Konzepte dafür immer ohne Ihre Mitwirkung erarbeitet werden mussten. Trifft Sie der Vorwurf?

PILZ: Nein, weil er mich nicht interessiert.

Was sind da Ihre Ziele?

PILZ: Ein Botschaftsattaché hat bereits seine Akkreditierung verloren, hält sich aber immer noch in Österreich auf. Ich will, dass er zur „personal non grata“ erklärt wird. Wir haben einen zweiten Religionsattaché im Salzburger Generalkonsulat, der nicht behelligt wird vom Außenministerium, der gehört auch weg. Ich sage es ganz offen: Ich werde in diesem Bereich aufräumen, aber das sind sehr viele Personen aus dem Erdogan-Lager mit einem Naheverhältnis zur ÖVP.

Wer zum Beispiel?

PILZ: Ich werde die Namen alle in nächster Zeit nennen, einer davon ist zum Beispiel Selfet Yilmaz in Niederösterreich, ein führender Funktionär des türkisch-islamischen Vereins ATIB und Erwin-Pröll-Spezi.

Sie sagen, die Personen auf Ihrer Liste sind jede für sich Programm. Sie sind es erst recht, und Sie sind jetzt 63. Wie lange wird es die Liste Pilz geben?

PILZ: Als Liste Pilz wird es sie nur eine Zeitlang geben. Dann wird sie einen Namen ohne Pilz haben.

Gibt es für Sie überhaupt ein Leben nach der Politik?

PILZ: Ja, sicher! Weil es bei mir viel Leben neben der Politik gibt. Jetzt zum Beispiel  fahre ich gleich auf die Alm, und in drei Stunden bin ich schon Schwammerlsuchen!