Eine Entscheidung über eine mögliche Auslieferung des in Deutschland inhaftierten katalanischen Ex-Regionalchefs Carles Puigdemont ist gefallen: Die Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig-Holstein will einen Antrag auf Auslieferungshaft beim Oberlandesgericht stellen. Nach intensiver Prüfung des Europäischen Haftbefehls der Justizbehörden in Madrid sei man zu dem Schluss gekommen, dass eine Auslieferung berechtigt sei. Die spanische Justiz werfe Puigdemont Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor. 

Nun muss das Oberlandesgericht (OLG) über den Auslieferungsantrag entscheiden. Wegen des schwierigen Sachverhalts ist nicht auszuschließen, dass sich das Verfahren in die Länge ziehen wird. So könnte das Gericht für seine Entscheidung zum Beispiel Unterlagen aus Spanien anfordern.

Der katalanische Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont hat über seine deutschen Anwälte juristische Schritte gegen den am Dienstag von der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig-Holstein beantragten Auslieferungshaftbefehl eingeleitet.

"Politischer Gefangener"

Puigdemont legte außerdem vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens Widerspruch gegen den Vorwurf der Rebellion ein. Darüber hinaus forderte er das Gericht auf, Anschuldigungen zurückzuweisen, er habe öffentliche Mittel veruntreut, wie aus einem 85-seitigen Einspruch hervorgeht.

Sein Anwalt betonte, es handle sich hier "aufgrund der politischen Dimension und der Verletzung der Grundrechte (Puigdemonts) in dessen Heimatland um einen außerordentlichen Fall". "Puigdemont ist sich darüber im Klaren, dass er ein politischer Gefangener ist und dass der spanische Staat alles versuchen wird, um ihm für alles zahlen zu lassen. Er ist darauf vorbereitet", fügte er an

Keine Gewalt

Am 1. Oktober, dem Tag des katalanischen Unabhängigkeitsreferendums, habe es keinerlei Gewalt gegeben - dies sei aber die Voraussetzung für den Vorwurf der Rebellion, hieß es in dem Einspruch weiter, aus dem spanische Medien am Montag zitierten. Falls einige Bürger mehr als passiven Widerstand geleistet hätten, dann hätte es sich um isolierte Fälle gehandelt. Nur diese Bürger dürften dafür zur Verantwortung gezogen werden.

Der Einspruch wurde von Puigdemonts Anwalt Jaume Alonso Cuevillas erstellt - auch im Auftrag von zwei weiteren ehemaligen katalanischen Ministern, Clara Ponsati und Lluis Puig. Beide waren ebenfalls nach dem Referendum aus Spanien geflohen. Die frühere Regionalministerin Ponsati hatte sich Ende März im schottischen Edinburgh der Polizei gestellt. In dem Einspruch heißt es weiter, es habe in dem Fall einige verfahrensrechtliche Verstöße gegen die drei Politiker gegeben. Unter anderem sei ihnen nicht erlaubt worden, sich selbst zu verteidigen bis die Anklage gegen sie am 23. März ausgestellt worden sei.

In Schleswig-Holstein festgenommen

Puigdemont, der im Herbst ins Exil nach Brüssel gegangen war, war am 25. März auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in Schleswig-Holstein festgenommen worden. Er wird seitdem in der Justizvollzugsanstalt Neumünster festgehalten. Die Justiz in Spanien wirft ihm unter anderem Rebellion vor. Darauf stehen lange Haftstrafen.

Puigdemont zeigte sich an Ostern - genau ein halbes Jahr nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien - siegesgewiss. Die Volksbefragung vom 1. Oktober 2017 sei "der Beginn einer neuen Ära" gewesen, "von der es kein Zurück gibt", ließ der 55-Jährige am Sonntag über seine Unterstützer auf Twitter und Instagram verbreiten. Die Mitglieder der abgesetzten Regionalregierung seien "politische Gefangene, aber frei in ihrem Geist", so der Separatist.

Nach dem von der spanischen Justiz verbotenen Referendum und dem folgenden Unabhängigkeitsbeschluss hatte die Regierung in Madrid die Regionalregierung in Katalonien entmachtet und die Kontrolle in der reichen Region übernommen. Bei einer Neuwahl im Dezember errangen die separatistischen Parteien aber erneut eine Mehrheit der Sitze.

Puigdemont hatte am Ostersonntag im Gefängnis Besuch von den beiden Linke-Bundestagsabgeordneten Diether Dehm und Zaklin Nastic. Dehm berichtete anschließend, Puigdemont habe Angst vor einer Abschiebung nach Spanien. Er habe gesagt, die spanische Justiz sei ganz anders als die deutsche. In Neumünster fühle sich Puigdemont "sehr korrekt, sehr freundlich sogar behandelt", berichtete Dehm. Puigdemont habe auf ihn einen aufgeräumten und heiteren Eindruck gemacht, er sei "voll Mut".

Dehm berichtete weiter, er habe Puigdemont Informationen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zur Verfügung gestellt. Dieser habe festgestellt, dass Menschen, die wegen ihrer politischen Überzeugung verfolgt werden, nicht ausgeliefert werden dürften; dies gelte auch in Bezug auf den europäischen Haftbefehl.