Ein weiteres Kapitel haben die künftigen Koalitionäre in den Verhandlungen abgeschlossen: das Kapitel zu Europa. Nach Informationen der Kleinen Zeitung legen ÖVP und FPÖ ein klares Bekenntnis zur EU und zum Euro ab. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hatte bereits unmittelbar nach dem Wahlsieg deutlich gemacht, dass er nur zu einer pro-europäischen Regierungsbildung bereit sei.

So enthält das Kapitel nicht nur ein Bekenntnis zur Weiterentwicklung der Europäischen Union. Nationalen Alleingängen, etwa zu Jerusalem, Russland oder anderen außenpolitischen Themen, wird eine Absage erteilt, außenpolitische Schritte sollten im Einklang mit der EU stattfinden. Vorgesehen ist außerdem, dass Ceta bald vom Nationalrat ratifiziert wird. In  Verhandlerkreisen wird beteuert, dass einer Abstimmung zum Öxit ein Riegel vorgeschoben wird.

In einem Punkt geht die künftige Regierung einen Schritt weiter als die Vorgängerregierung und alle anderen europäischen Regierung: Im Koalitionsabkommen wird der "endgültige Abbruch der Beitrittsverhandlungen" mit der Türkei gefordert, Türkis-Blau schwebt ein "europäisch-türkisches Nachbarschaftskonzept" vor. Allerdings wird klar festgehalten, dass Österreich keinen Alleingang probt, sondern Verbündete auf EU-Ebene dafür zu gewinnen sucht.

Gefordert werden außerdem auf europäische Ebene eine Sunset-Clause und der Ausbau des EU-Außengrenzschutz durch mehr Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten und Frontex. Sollte die EU einen neuerlichen Konvent einberufen, würde auch in Österreich ein eigener EU-Konvent das Licht der Welt erblicken.

EU-Agenden wechseln ins Kanzleramt

Woran sich Kanzler wie Vranitzky, Klima oder auch Gusenbauer seit dem österreichischem Beitritt im Jahr 1995 die Zähne ausgebissen haben, setzt Kurz nun durch: Alle EU-Agenden wechseln ins Kanzleramt. Bisher waren diese auf Kanzleramt und Außenamt aufgeteilt, vor allem in den Zeiten der großen Koalition war eine Machtverschiebung unmöglich. Das geht mit einer gewissen Teilentmachtung der künftigen Außenministerin Karin Kneissl einher: Sie soll in Brüssel nur noch EU-Sitzungen zu außenpolitischen Fragen leiten, der Allgemeinen Rat, der die Arbeit auf EU auf Ministerebene koordiniert, soll künftig durch den Kanzleramtsminister wahrgenommen werden. Auch die Vorbereitung des österreichischen EU-Vorsitzes wechselt ins Kanzleramt, 1998 und 2006 war dafür noch das Außenamt verantwortlich.