Der spanische Außenminister Alfonso Dastis hat die aufgeschobene Unabhängigkeitserklärung Kataloniens als "Täuschungsmanöver" bezeichnet. Dastis äußerte sich am Mittwoch im französischen Radiosender Europe 1 empört über "die Winkelzüge, die sie machen, um eine Sache und ihr Gegenteil zu sagen". Zugleich warnte der Chefdiplomat vor "wirtschaftlichen und sozialen Auseinandersetzungen" in Katalonien.

Dastis reagierte mit seiner Kritik auf das Vorgehen des katalonischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont. Dieser hatte am Dienstagabend eine Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet, sie aber sofort für ausgesetzt erklärt. Nach eigenen Angaben wollte er damit einen "Dialog" mit Madrid ermöglichen.

Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy ist mit den Ministern seiner Regierung zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen, um über die nächsten Schritte im Konflikt um die nach Unabhängigkeit strebende Region Katalonien zu beraten. "Alle Optionen" seien auf dem Tisch, hieß es am Mittwoch aus Regierungskreisen in Madrid.

Rajoy will sich am Nachmittag (16.00 Uhr) in einer Rede vor dem Parlament zur Lage in Katalonien nach der aufgeschobenen Unabhängigkeitserklärung äußern. Eine solche Erklärung stellt nach Auffassung der spanischen Regierung einen Rechtsbruch dar, weil die Verfassung die Loslösung einer Region nicht vorsieht. Der katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemon Puigdemont hatte am Dienstagabend zwar eine Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet, diese aber sofort für ausgesetzt erklärt. Dadurch will er nach eigenen Worten einen "Dialog" mit der Zentralregierung anstoßen. Das Gesprächsangebot war allerdings schon kurz danach von der stellvertretenden Ministerpräsidentin Soraya Saenz de Santamaria abgewiesen worden.

Als mögliche Reaktion auf eine Unabhängigkeitserklärung hatte die Zentralregierung bereits vor einigen Tagen mit dem Entzug der Autonomierechte Kataloniens gedroht. Dadurch könnte sie Puigdemonts Regionalregierung entmachten. Artikel 155 der spanischen Verfassung ermöglicht ein solches Vorgehen, wenn die Regionalregierung die Verfassung missachtet. Regierungen im europäischen Ausland forderten Madrid und Barcelona am Mittwoch eindringlich zum Dialog auf.

Die katalanische Regionalregierung beruft sich bei ihrem Abspaltungsvorhaben auf die Ergebnisse des umstrittenen Referendums vom 1. Oktober, bei dem sich rund 90 Prozent in Katalonien für eine Trennung ausgesprochen hatten. Die Abstimmung war allerdings vom Verfassungsgericht untersagt worden.

Ein Sprecher der katalanischen Regionalregierung sprach von einer "symbolischen Unabhängigkeitserklärung" sowie einer "Absichtserklärung". "Der Ball liegt nun bei (dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano) Rajoy. Man hat uns darum gebeten, auf die Bremse zu treten, und das haben wir getan", sagte der Sprecher. Man wolle Dialog und habe Vermittlungsangebote "von Organisationen und Ländern" erhalten, hieß es. Unter anderem war in den vergangenen Tagen über eine Vermittlung durch die Schweiz spekuliert worden.

Die spanische Regierung wies Puigdemonts Erklärung umgehend zurück. "Es ist nicht zulässig, implizit die Unabhängigkeit zu erklären und diese dann explizit auszusetzen", erklärte ein Regierungssprecher in Madrid.