Nach dem Vorschlag der britischen Premierministerin zum Bleiberecht für EU-Bürger in Großbritannien hagelt es in Brüssel  Kritik. Die EU-Spitzen haben den von  Theresa May vorgelegten Plan zu den Rechten der EU-Bürger kritisiert und teilweise zerpflückt. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte nach dem Gipfel der 27 am Freitag, der May-Vorschlag bedeute einen Abbau der Bürgerrechte.

Der amtierende EU-Ratsvorsitzende und Maltas Premier Joseph Muscat sagte, die Union könnte in eine "Falle tappen", wenn die Details nicht geklärt seien. Und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hält es für nicht vorstellbar, dass der EuGH beim Einklagen der Rechte der EU-Bürger ausgeschlossen werden könnte. Allerdings würden die Brexit-Verhandlungen nicht von den Staats- und Regierungschefs geführt, sondern von der Kommission.

Muscat stieß sich vor allem an der unterschiedlichen Behandlung von EU-Bürgern in Großbritannien je nach der Aufenthaltsdauer. "Wie sieht es mit Nicht-EU-Bürgern aus, die mit EU-Bürgern verbunden sind, wie ist deren Status?", wollte Muscat wissen. Es "wäre besser und uns lieber gewesen, wenn man für alle Bürger eine gleiche faire Behandlung vorgesehen hätte".

Tusk assistierte, dass "wir die vollen Rechte für die EU-Bürger und für die britischen Bürger in der EU nach dem Brexit haben wollen". Er habe den "Eindruck, dass das britische Angebot hinter unseren Erwartungen zurückliegt und die Situation der Bürger verschlechtert werden wird. Aber wir werden weiter verhandeln".

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte am Freitag, der britische Vorschlag sei ein erster Schritt. "Aber dieser Schritt ist nicht ausreichend."

Aus EU-Kreisen hieß es, es sei positiv zu bewerten, dass Großbritannien nun einen konkreten Vorschlag unterbreitet habe. Noch sei aber unklar, ob dieser "genauso großzügig" sei wie das Angebot, das die verbleibenden 27 EU-Staaten hinsichtlich der britischen Bürger im EU-Ausland vorzuweisen hätten. "Offen gesagt: Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es diesbezüglich einige Zweifel."

May hatte am Vorabend den EU-Kollegen unterbreitet, wie die britische Regierung die Rechte der in Großbritannien ansässigen EU-Bürger nach dem Brexit wahren will. Demnach können diejenigen, die sich vor dem Brexit in Großbritannien niederließen, nach fünf Jahren ein Bleiberecht beantragen. Offen blieb unter anderem allerdings, welches Datum als Stichtag für die Regelung festgelegt werden soll.

Kern: "Ein Anfang"

In der Frage der Gerichtsbarkeit ging May auf Konfrontation zu den EU-Partnern: Anders als von diesen gefordert, soll die britische Justiz und nicht der Europäische Gerichtshof (EuGH) bei strittigen Fragen hinsichtlich der Rechte der EU-Bürger zuständig sein. May sprach von einem "sehr fairen und sehr ernsthaften Angebot". Am kommenden Montag werde ihre Regierung weitere Details vorlegen.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sah in dem britischen Vorschlag eine Art Minimalzugeständnis: "Alles andere wäre ja eine Kampfansage an die Europäische Union gewesen", sagte Asselborn dem Deutschlandfunk. Der belgische Regierungschef Charles Michel kritisierte das Angebot als "ausgesprochen vage".

Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern sagte, Mays Vorschlag sei "ein Anfang, aber das löst noch nicht alle Probleme, die großen Herausforderungen kommen noch". Die Briten seien noch "in einer Findungsphase, da gibt es noch reichlich Unsicherheit." Der Brexit sei für Großbritannien zweifellos keine vorteilhafte Entwicklung. "Das wird den Briten jetzt schmerzlich bewusst", sagte Kern.