Nach den verheerenden Anschlägen in Ägypten mit Dutzenden Toten hat die Terrormiliz IS mit neuer Gewalt gegen Christen gedroht. Die "Kreuzzügler" und "Ungläubigen" würden mit dem Blut ihrer Söhne bezahlen, hieß es in einer Mitteilung im Namen des Islamischen Staates, die am Sonntag über IS-nahe Kanäle veröffentlicht wurde. Die Echtheit konnte zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi hat den Ausnahmezustand verhängt. Dieser gelte für drei Monate, so der Präsident.

In Ägypten waren am Palmsonntag bei Anschlägen auf koptische Kirchen in zwei Städten mindestens 45 Menschen getötet worden. Der IS, der mit einem Ableger auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel operiert, bekannte sich zu den Taten, die durch zwei Selbstmordattentäter ausgeführt worden seien.

Die Kirche in Tanta wurde Ziel eines Anschlags
Die Kirche in Tanta wurde Ziel eines Anschlags © APA/AFP/KHALED DESOUKI

Politiker und religiöse Führer weltweit verurteilten die Anschläge. US-Präsident Donald Trump sprach Ägyptens Präsident Al-Sisi das Vertrauen aus, die Situation "angemessen" zu behandeln.

Al-Sisi hat den nationalen Sicherheitsrat einberufen. Dieser solle die "Konsequenzen" aus dem Angriff auf das Gotteshaus St. Georg in der Stadt Tanta im Nildelta besprechen. Er habe den Befehl zur "sofortigen Abstellung von Armee-Einheiten" im gesamten Land gegeben, berichtete das staatliche Fernsehen. Damit solle die Polizei unterstützt werden. Das Militär spielt in Ägypten eine sehr wichtige Rolle und war bereits vor den Anschlägen vom Sonntag allgegenwärtig in der Öffentlichkeit. 

Russlands Präsident Wladimir Putin betonte unterdessen die Notwendigkeit des gemeinsamen Kampfes gegen den Terrorismus. "Die Terroristen versuchen nicht nur, die Menschen einzuschüchtern, sie wollen auch Zwietracht zwischen den Vertretern verschiedener Konfessionen säen", hieß es in einem Schreiben Putins an den ägyptischen Präsidenten Al-Sisi am Sonntag in Moskau. 

Gewaltsame Übergriffe auf Christen

Die Gemeinde hatte Palmsonntag gefeiert und sich damit auf das Osterfest in einer Woche vorbereitet. Christen machen in Ägypten zehn Prozent der etwa 94 Millionen Einwohner aus. Sie können ihre Religion weitgehend frei ausüben und leben größtenteils friedlich mit der muslimischen Bevölkerungsmehrheit zusammen. Es gibt allerdings vereinzelte Spannungen, vor allem in den ländlichen Gebieten. Die Minderheit sieht sich dort immer wieder gewaltsamen Angriffen ausgesetzt.

Bei einem schweren Selbstmordanschlag auf eine Kirche im Dezember waren fast 30 Menschen getötet worden. Damals bekannte sich die jihadistische Terrormiliz IS ("Islamischer Staat") zu der Tat. Es war der schwerste Anschlag auf die koptische Gemeinde in Ägypten seit dem Anschlag auf eine Kirche in der Küstenstadt Alexandria, bei dem am Neujahrstag 2011 mehr als 20 Menschen getötet worden waren.

Ein Ableger des "Islamischen Staates" treibt im Nordsinai in Ägypten sein Unwesen und kündigte in Propagandavideos Angriffe auf Christen an. Im Februar flohen Hunderte ägyptische Christen aus dem Norden der unruhigen Sinai-Halbinsel. Vorangegangen war eine Mordserie an Mitgliedern der religiösen Minderheit, hinter der die IS-Jihadisten vermutet wurde. Für 28. und 29. April ist der Besuch von PapstFranziskus in Kairo angekündigt. Dabei will er auch seine Solidarität mit den Kopten zum Ausdruck bringen.