Der Chefredakteur der wichtigsten verbliebenen türkischen Oppositionszeitung "Cumhuriyet", Murat Sabuncu, ist in Istanbul festgenommen worden. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi am Montag.

Die Wohnung des Vorstandsvorsitzenden der Zeitung, Akin Atalay, sei durchsucht worden. Der Sender CNN Türk berichtete, die Staatsanwaltschaft habe die Festnahme von 13 "Cumhuriyet"-Mitarbeitern angeordnet, darunter sei Atalay.

Die Nachrichtenagentur DHA meldete, die Istanbuler Staatsanwaltschaft werfe der Leitung des Blattes vor, Straftaten zugunsten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen begangen zu haben. Die Regierung beschuldigt Gülen, für den Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan Mitte Juli verantwortlich zu sein. In der Türkei ist Gülens Bewegung wie die PKK als Terrororganisation eingestuft.

Massenentlassungen nach Putsch

Erst am Wochenende waren in der Türkei weitere 10.000 Staatsbedienstete entlassen worden. Erdogan hatte nach dem gescheiterten Putsch "weitreichende Säuberungen" und ein harsches Vorgehen gegen Anhänger von Gülen angekündigt.

Die Zeitung "Cumhuriyet" war erst im September mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet worden. Die Right Livelihood Award Stiftung hatte zur Begründung mitgeteilt: "Zu einer Zeit, in der die Meinungsfreiheit in der Türkei zunehmend bedroht ist, beweist die 'Cumhuriyet', dass die Stimme der Demokratie nicht zum Schweigen gebracht werden kann."

Vor knapp einem Jahr hatten die türkischen Behörden bereits den damaligen "Cumhuriyet"-Chefredakteur Can Dündar und den Hauptstadt-Büroleiter des Blattes, Erdem Gül, festgenommen. Sie wurden im Mai wegen Veröffentlichung geheimer Dokumente zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Bis zum Berufungsverfahren kamen sie frei, Dündar hat inzwischen die Türkei verlassen und lebt in Deutschland im Exil.

Der frühere Chefredakteur Can Dündar.
Der frühere Chefredakteur Can Dündar. © APA/AFP/OZAN KOSE

Gegen Dündar und Gül ist noch ein weiteres Verfahren wegen Unterstützung einer Terrororganisation anhängig. Die nächste Verhandlung in diesem Fall ist für den 16. November angesetzt.

Seit der Verhängung des Ausnahmezustandes im Juli hat die Regierung zahlreiche kritische Medien schließen lassen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen lag die Türkei schon vor dem Ausnahmezustand auf Platz 151 von 180 Staaten.