Nach drei ausgefallenen Prozesstagen findet der Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und 13 weitere Angeklagte diese Woche wieder planmäßig statt. Der Verhandlungstag am 11. Jänner fiel wegen Krankheit des beisitzenden Richters aus und am 17. und 18. Jänner wurde aufgrund eines "akuten familiären Notfalls in der Familie eines Angeklagten" nicht verhandelt.

Bisher gab es neun Verhandlungstage im Prozess, Verhandlungsort ist der Große Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichtes.

Verwirrung um Freimaurer-Verbindung

Die Sitzung beginnt mit der fortgesetzten Befragung von Ex-Lobbyist Peter Hochegger. Der Verteidiger des Zweitangeklagten Walter Meischberger ist nun mit seinen Fragen an der Reihe - Jörg Zarbl. Dieser beginnt mit einem ominösen Schreiben, das der Kanzlei von Zarbl zugespielt worden sei. Darin geht es um die Deutung eines Briefes des damaligen Hochegger-Anwalts an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Der Brief legt nahe, dass darin eine Freimaurer-Botschaft“ versteckt sei. Zarbl liest den langen Brief vor, Hochegger verweist dazu auf frühere Aussagen. Und auch Richterin Marion Hohenecker zeigt sich verwirrt über den Brief. Zarbl versucht nun, aus Mails von Hochegger eine Freimaurer-Wortwahl herauszulesen. Die Richterin fragt erneut nach der Relevanz für das Gerichtsverfahren. 

Hochegger antwortet deutlich weniger motiviert als noch vor der Zwangspause des Prozesses. Viele der Fragen an ihn wiederholen sich, er verweist immer wieder auf bereits getätigte Aussagen. Nun verliert auch die Richterin die Geduld und fasst zusammen, was der Verteidiger eigentlich fragen will: „Verfolgen Sie mit Ihren Aussagen eine Strategie, um andere zu belasten und von sich abzulenken?" Hocheggers Antwort: "Nein."

Mehrfache Frage nach Relevanz 

Es geht weiter mit einem eingescannten Dokument, das laut Zarbl eine Mail an den damaligen Anwalt von Hochegger zeigt. Auch diese Unterlage sei Zarbl postalisch zugespielt worden - und auch auf diesem Dokument fehlt ein Eingangsstempel, der Auskunft über das Datum geben würde. Die Richterin fragt erneut nach der Relevanz. Zarbl vermutet, dass es Absprachen zwischen Hochegger, seinem Anwalt und einem Journalisten mit der Staatsanwaltschaft gegeben habe. Das müsse man die anderen fragen, denn Hochegger war zu dieser Zeit in Haft, sagt die Richterin. 

Ob in diesen Gesprächen eine Kronzeugen-Regelung vorbereitet wurde, fragt Zarbl. Davon habe ihm sein Anwalt abgeraten, sagt Hochegger. Von einem Treffen mit der Staatsanwaltschaft weiß er nichts. Und wieder fragt die Richterin nach der Relevanz - was sie im bisherigen Prozessverlauf noch nie gemacht hat. Es gehe um die Glaubwürdigkeit von Hochegger, sagt Zarbl. Diese habe aber der Schöffensenat zu beurteilen, fügt die Richterin leicht verärgert hinzu. Zarbl kommt ins Schwimmen, als Hohenecker auch seine nächste Frage niederschmettert.

Einer der Privatbeteiligten meldet sich zu Wort, es mögen in Zukunft nur noch relevante Fragen zugelassen werden - weil der Prozess auch so schon lange genug dauern werde. Zarbl schweigt und denkt nach. Dann versucht er es mit der nächsten Frage und auch die wird von der Richterin beanstandet. Nun geht es um Hocheggers damalige Agentur und deren Arbeit. Hochegger zählt auf, welche Aufträge durch seine Nähe zu Grasser entstanden seinen: „Die Nähe war kein Nachteil“. 

Richterin lässt sich zu Witz hinreißen 

Die Befragung geht nun ohne Zwischenrufe weiter, es geht um Details zum Buwog-Verkauf und das Treffen mit dem Banker, der Hochegger gesagt haben soll, dass Grasser von dem Deal profitiert hatte. Und es geht um die Bewegungsfreiheit von Hochegger aufgrund seiner damaligen Verletzung der Achillessehne. Die Richterin lässt sich daraufhin ausnahmsweise zu einem Witz hinreißen: "Wir können ja den Arzt holen und ein Bewegungsprofil erstellen lassen, im wahrsten Sinne des Wortes." Hohenecker kichert kurz und entschuldigt sich umgehend. 

Es geht weiter mit der Frage nach jenem Satz, den Meischberger zu Hochegger auf Ibiza gesagt haben soll: „Ohne Karl-Heinz hätten wir das nie geschafft.“ Woher will Hochegger gewusst haben, dass es bei diesem Satz um den Buwog-Verkauf gegangen sei. „Das war mir klar“, antwortet Hochegger. Warum? „Er hat gesagt: Ohne Karl-Heinz hätten wir das nicht geschafft, nämlich so eine Provision zu lukrieren." Warum er das nicht gleich gesagt habe? Ist das nun eine Weiterentwicklung des Geständnisses, fragt Zarbl. "Nein", sagt Hochegger. 

„Ich sage Ihnen meine Kontonummer nicht“

Nach einer kleinen Pause geht es nun weiter. Es geht unter anderem um die berühmte Kontonummer 400815, die Grasser zugeordnet wird. Zarbl möchte zeigen, dass sich Hochegger die Kontonummer gemerkt hat, seine eigene aber nicht kennt. „Ich kenne meine Kontonummer, die werde ich Ihnen aber nicht sagen“, sagt Hochegger, leises Lachen im Saal. „Das ist mein Pensionskonto.“ Zarbl spricht den Angeklagten auch auf die - noch nicht rechtskräftige - Anklage in der Causa Telekom an und ob auch hier Läuterungen von Hochegger zu erwarten seien. Dieser will dazu nichts sagen. Ob der 69-jährige Hochegger Angst davor habe, bis zu seinem Tod in Haft sitzen zu müssen. „Ob mich das beunruhigt? Nein“, lautet die Antwort. 

Wir gehen in die Mittagspause mit einer „Drohung“ des Meischberger-Anwaltes: Nach der Pause will er Anträge einbringen: zwei Stunden lang.

Zahlreiche Anträge 

Es geht weiter und noch immer ist Meischbergers Anwalt am Wort. Es geht wieder um das Treffen mit dem Banker und um den Zettel, auf dem der „Tatplan“ zu sehen gewesen sein soll. Und es folgt ein Scharmützel zwischen Zarbl und Hochegger. Der Verteidiger wundert sich, warum sich Hochegger an wenig erinnern kann, sehr wohl aber an die besagte Kontonummer, die zu Grasser gehören soll. „In Ihrem Kopf müssen Sie ja jedes Detail präsent haben", sagt Zarbl. "Danke für das Kompliment", antwortet Hochegger. 

Die Besuchergalerie ist übrigens, wie offenbar an jedem Sitzungstag bisher, voll besetzt. Die Fragerunde von Zarbl ist beendet, nun folgen die angekündigten Anträge - inklusive ausführlicher Begründungen.

„Gab Tumult, ja sogar Raufhandel“

Und wieder gibt es leises Gelächter im Saal: Zarbl sagt, dass einer der beiden Staatsanwälte auf Hochegger und Meischberger, die kurz nach Hocheggers angekündigtem Teilgeständnis miteinander gesprochen haben, zugegangen sei, um dieses Gespräch zu unterbinden. „Einige im Saal haben das als Tumult, ja sogar als Raufhandel bezeichnet“, sagt der Verteidiger. Der angesprochene Staatsanwalt lacht. 

Zarbl beantragt unter anderem die „zeugenschaftliche Befragung“ von Hocheggers Rechtsanwälte und von Ilse-Maria Vrabl-Sanda, der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Und auch die Oberstaatsanwälte sollen einvernommen werden. Die Begründungen dafür sind ausführlich, die Schöffen blicken sichtlich müde vor sich hin. Grasser blickt aktuell auf seine Unterlagen und macht sich ab und zu Notizen. Meischberger fixiert seinen Anwalt, ebenso wie Hochegger, der noch immer vor der Richterin sitzt. 

Auch Falter-Chef Florian Klenk soll einvernommen und in weiterer Folge von der Verhandlung ausgeschlossen werden - um eine Beeinflussung zu vermeiden, sagt Anwalt Zarbl. Und auch ein Profil-Journalist soll befragt werden. Über all diese Anträge soll der Senat heute abstimmen. 

Klenk hat soeben auf Twitter erklärt, dass er sich auf das Redaktionsgeheimnis berufen und nicht aussagen werde. 

„Sie weichen meiner Frage aus, Sie könnten Politiker werden“

Nun ist Georg Kudnra an der Reihe, der Verteidiger des Immobilienmaklers Karl Ernst Plech. Er stellt Hochegger die Frage, ob Meischberger je zu ihm gesagt habe, dass Plech ihn beim damaligen Bieterkonsortium angekündigt habe. Hochegger sagt ja, „das ist neu“, sagt der Verteidiger. Er gehe jedenfalls davon aus, sagt Hochegger, während Meischberger energisch den Kopf schüttelt. „Sie weichen meiner Frage aus, Sie könnten Politiker werden“, sagt Kudnra. Dieser fragt auch intensiv nach dem Zettel des Bankers, auf dem dieser Hochegger die Kontoaufteilung erklärt haben soll - ob dieser in einer Mappe war, welche Farbe diese Mappe hatte und so weiter. 

Der Prozesstag endet kurz vor 16:30 und damit pünktlich, morgen geht es mit der Befragung durch die Verteidiger von Hochegger weiter. Und vielleicht muss dann schon der nächste Angeklagte vor der Richterin Platz nehmen - es könnte Ex-Minister Grasser sein. Zudem hat die Richterin entschieden, dass die Sitzungstage ab nächster Woche länger als 16:30 dauern werden - angesichts der ausgefallenen drei Sitzungstage. 

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