Querelen zwischen den Freiheitlichen und dem ORF sind nicht neu, am Wochenende sorgte der von der FPÖ gestellte Stiftungsrat Norbert Steger aber für ein neues Kapitel. In einem Bericht der "Salzburger Nachrichten" forderte Steger eine "objektivere Berichterstattung" und drohte mit Einschnitten bei den Auslandsbüros.

Nach ORF-Chef Alexander Wrabetz und dem Redakteursrat hat das nun auch ZiB2-Anchor Armin Wolf auf den Plan gerufen. Der Journalist ist erst am Freitag beim renommierten deutschen Grimme-Preis für seine "Expertise und journalistische Hartnäckigkeit" ausgezeichnet worden. In seiner Arbeit kläre er auf "und demaskiert demokratiezersetzende Strömungen in Gesellschaft und Politik", so die Grimme-Jury.

In seinem Blog nahm der frisch gekürte Grimme-Preisträger nun zu Stegers Aussagen Stellung. Stiftungsräte, schreibt Wolf darin, hätten "vielfältige Aufgaben, wie man im ORF-Gesetz nachlesen kann – die Verwarnung oder Entlassung von RedakteurInnen gehört allerdings ebenso wenig dazu wie die Streichung von Korrespondentenstellen, weil die Berichterstattung über befreundete Parteien nicht gefällt." Diese Idee könnte laut Wolf "aus Ungarn" stammen.

Steger, der von der FPÖ in das ORF-Aufsichtsgremium entsandt wurde, sei "eher keine so geeignete Instanz", um "über die Objektivität von Journalismus zu urteilen", so Wolf weiter: "Dass ein Partei-Stiftungsrat aber auch noch gleich mit der Entlassung von Redakteuren oder dem Streichen von Stellen droht, wenn ihm die Berichterstattung nicht passt, ist in der langen Geschichte des ORF allerdings einmalig."

Kein Ende absehbar

Ein Ende der Kontroverse ist also vorerst wohl nicht abzusehen. Zumal die Causas am Sonntag auch von internationalen Agenturen aufgegriffen wurde. Steger, der als künftiger Stiftungsratsvorsitzender des öffentlich-rechtlichen Senders im Gespräch ist, hatte in dem Interview unter anderem erklärt, man werde ein Drittel der Auslandskorrespondenten streichen, "wenn diese sich nicht korrekt verhalten". Als Beispiel nannte er die Berichterstattung zur Ungarn-Wahl, denn diese ist aus seiner Sicht "einseitig" abgelaufen.

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz verteidigte die Auslandskorrespondenten umgehend und teilte mit, dass der Entsendungsvertrag von Ernst Gelegs als Korrespondent in Budapest bis 2021 verlängert wurde. Auch kündigte Wrabetz zwei neue Auslandsbüros an.

Empört über Steger und dessen "Einschüchterungsversuche" zeigte sich auch der ORF-Redakteursrat. "Die direkte und unverhohlene Bedrohung von ORF-JournalistInnen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes durch einen ORF-Stiftungsrat hat es noch nie gegeben", hieß es in einer Stellungnahme.

Entschuldigung für "Hetze"

Dass Brüssel-Büroleiter Peter Fritz wiederum auf Twitter schrieb, Steger "hetze" gegen das eigene Unternehmen, ließ die Wogen bei der FPÖ hochgehen. Fritz entschuldigte sich daher für diesen Vorwurf, betonte aber, es sei wichtig, Kollegen gegen Angriffe in Schutz zu nehmen.

Die NEOS zeigten sich in einer Aussendung entsetzt über den "Angriff auf die Pressefreiheit" durch die FPÖ und die SPÖ forderte eine Entschuldigung und Klarstellung Stegers. Auch die IG Autorinnen Autoren protestierte gegen die Aussagen des FPÖ-Stiftungsrats und forderten ihn zum Rücktritt auf.

Internationale Reaktionen

Unterdessen sprangen auf die aktuelle Causa auch internationale Presseagenturen wie die dpa auf. Sie schrieb etwa "FPÖ droht kritischen ORF-Journalisten mit Entlassung". Medienminister Gernot Blümel (ÖVP), in einer Regierungskoalition mit der FPÖ, war vorerst für keine Stellungnahme erreichbar.