Über einen „aberwitzigen Dreck“ empörte sich einstmals Karl Kraus, andere Kritiker, aber auch etliche Dichter, stimmten ihm bei. Und, nimmt man es genau, war Hugo von Hofmannsthals „Jedermann“ schon nach der Uraufführung 1911 in Berlin ein Fall für das Theatermuseum. Allein es kam bekanntlich anders. Durch einen genialen Einfall von Regie-Großmeister Max Reinhardt ist das Mysterienspiel rund um das Sterben des reichen Mannes auf halbem Weg in die Theater-Unsterblichkeit, zumindest bei den Salzburger Festspielen.

Max Reinhardt geriet auf dem Salzburger Domplatz restlos ins Schwärmen. „Einen idealeren Schauplatz gibt es nicht“, jubelte er. Mit der „Jedermann“-Premiere im August 1920 hob er auch die Festspiele aus der Taufe.

Jahrzehntelang galt Reinhardts Inszenierung als unantastbar und verwandelte sich wie von selbst durch ihre Mischung aus Allegorie und Dämonie zur großen Festspiel-Marke. Die Scheu vor Änderungen und Neudeutungen hat aber auch andere Gründe. Textlich ist das Stück durch seine oft holprigen Verse und seine antiquierte Sprache ein absolut sturer Bühnenbock, der nicht von der Stelle zu bringen ist. Und auch das Handlungsgerüst, montiert nach mittelalterlicher Vorlage, lässt bestenfalls Korrekturen an der Fassade zu.

An Pomp, Prunk und textilem Aufputz besteht seit vielen Jahren keinerlei Mangel.

Schöner Schein, kleiner Schauder, großes Schautheater, bei dem es zuweilen schon als Genieblitz des Regisseurs galt, wenn die Buhlschaft auf dem Fahrrad keck die Bühne querte.

Aber ab heute soll alles anderes werden. Wobei die Voraussetzungen vielversprechend sind. Durch rigorose personelle Runderneuerung. Michael Sturminger übernahm die Regie, Tobias Moretti ist der neue Jedermann,Stefanie Reinsperger ist die garantiert unkonventionelle Buhlschaft, zahlreiche weitere Rollen wurden neu besetzt und Komponist Mathias Rüegg steuert musikalisch neue Töne bei. Dennoch wird weiterhin gelten, was Alfred Polgar einst schrieb: Er meinte, deutlich die Schritte zu hören, mit denen gut betuchte Besucher in sich gingen. Gewiss, auch so lässt sich die Essenz des Stückes deuten.