Ein Zufall? Da müht sich der niederträchtige Frank Underwood in der Netflix-Serie "House of Cards", als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wiedergewählt zu werden. Und zeitgleich versucht der narzisstische Polit-Pöbler Donald Trump, auch er als Ex-Moderator einer Reality-Show nicht unerfahren im Fernsehgeschäft, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden. Näher kann Fiktion wirklich kaum an der Realität sein.

Ein Zufall? Aber, ja doch! Dennoch ist die Herausforderung, vor der die "House of Cards"-Macher stehen, wenn sie ab heute die vierte Staffel online stellen groß (hierzulande läuft die Premiere im Web bei Sky Online und Sky Go sowie linear auf Sky Atlantic HD): Wie eigentlich kann es eine Fernsehserie mit der Wirklichkeit aufnehmen, wenn die Realität absurder und grotesker erscheint als die Fiktion? Es wird gelingen, das darf man getrost behaupten. Denn die real existierende Schlammschlacht um die republikanische Präsidentschaftsnominierung und der bislang ungebremste Aufstieg des Donald Trump dürften dem ausgedachten "House of Cards" rekordverdächtige (Zugriffs-) Quoten bescheren.

Frank Underwood (Kevin Spacey) heckt etwas aus
Frank Underwood (Kevin Spacey) heckt etwas aus © Sky

In der Serie verkörpert Kevin Spacey den fiesen Frank Underwood, der vor übler Nachrede, Erpressung und selbst vor Mord nicht zurückschreckt, um ans Ziel zu gelangen, also in den Chefsessel im Weißen Haus. Niemand kann besser als Underwood ein maliziöses Lächeln über sein Gesicht ziehen lassen und dabei über seine Kollegen aus der Politik sagen: "Sie reden, während ich ruhig da sitze und mir vorstelle, wie ihre leicht gesalzenen Gesichter in der Pfanne brutzeln." Niemand kann so bösartig leise wie Underwood seine Frau Claire (dargestellt von Robin Wright) anzischen und ihr bedeuten, dass sie besser keine eigene Karriere in der Politik anstreben sollte. Sehen hier einen Trailer zur vierten Staffel:

Die Beschreibung des Washingtoner Politikbetriebs ist den Serienmachern offenbar so gut gelungen, dass laut Spacey selbst Ex-Präsident Bill Clinton verzückt gesagt hat: "Kevin, 99 Prozent der Serie sind real." Unwirklich sei nur eines: "Niemals würde man ein Bildungsgesetz so schnell verabschieden können." Nun stammt Spaceys Satz über Clintons Freude an der Serie aus einer Zeit, in der Donald Trump noch in seinem Wolkenkratzer in New York saß und wahrscheinlich sein Geld zählte. Wird Spacey heute auf den Wahlkämpfer Trump angesprochen, wehrt er sich vehement gegen Vergleiche seiner Person mit dem Immobilienmogul. Er spiele Underwood nur, sagt er, er sei nicht Underwood: "Das hat mit meinem Leben nichts zu tun."

Doch vor ein paar Wochen hat Spacey, der seit Jahrzehnten Anhänger der US-Demokraten ist, verraten, wie Underwood mit dem Phänomen umgehen würde. Zu einer Fernsehdebatte etwa würde es gar nicht erst kommen: "Es würde einen fürchterlichen Unfall auf dem Weg zur Debatte geben, und es wäre schrecklich und sehr traurig." Mittlerweile ist offenbar auch Spacey bewusst geworden, dass Donald Trumps Erfolg von Dauer sein könnte. "Wir bekommen, was wir verdienen", sagte der zweifache Oscar-Preisträger vor kurzem bei der Enthüllung eines Underwood-Porträts, das jetzt in der ehrwürdigen National Portrait Gallery in Washington hängt. Weitere Fragen zum realen Wahlkampf lehnte er ab: "Hört zu, ich muss selbst eine Wahl gewinnen." Die vierte Staffel, in der Underwood um seine Wiederwahl kämpft, beginnt mit einer Schlacht im Rosenkrieg zwischen dem Präsidenten und der First Lady.

In der National Portrait Gallery in Washington hängt seit kurzem ein Underwood-Porträt
In der National Portrait Gallery in Washington hängt seit kurzem ein Underwood-Porträt © APA

"House of Cards" ist inzwischen zu einer Institution in Washington geworden. Eine fünfte Staffel ist schon geplant, sie soll 2017 gesendet werden. Dann wird man auch wissen, ob Donald Trump es in den realen Chefsessel im Weißen Haus geschafft hat.

Der ORF zeigt die vierte Staffel voraussichtlich im Herbst, aber wieder sehr spät - diesmal montags gegen 23.45 Uhr. Warum, lesen Sie hier .