Das weitläufige Grundstück mit einem Einfamilienhaus ist weiträumig abgesperrt. Die Tatortgruppe der Villacher Polizei sowie Sachverständige haben Dienstagfrüh ihre Arbeit aufgenommen. Zu klären gilt der genaue Hergang eines Unfalles, der Montagabend zu einer Tragödie geführt hat. Es war gegen 19 Uhr, als bei der Polizei der Notruf schrillte. Eine 40-jährige Villacherin meldete ihren fünf Jahre alten beeinträchtigten Sohn und dessen 56 Jahre alten Sozialbetreuer als abgängig. Seit Anfang des Jahres unterstützte der Experte aus dem Bezirk Villach-Land die Familie des Buben bei der Bewältigung von Problemen mit dem Kind.

So auch am Montag. Am späten Nachmittag dürften sich der Bub und der Betreuer im hintersten Eck des Gartens aufgehalten haben. Offensichtlich wusste niemand von dem Schacht, der mit Betonringen von rund einem Meter Durchmesser etwa 20 Meter in die Tiefe führt.

Feuerwehrmann erzählt über die Rettungsaktion

"Gleich nach der Abgängigkeitsanzeige haben wir eine groß angelegte Suchaktion eingeleitet", schildert Stephan Brozek, stellvertretender Stadtpolizeikommandant. Feuerwehrmänner der Hauptfeuerwache und der Freiwilligen Feuerwehr Landskron, Polizeihundeführer, Hundeführer der Rettungshundestaffel Samariterbund Kärnten, Polizistinnen und Polizisten sowie Freiwillige durchkämmten in der Dunkelheit das Grundstück. Unterstützt wurde die Suche aus der Luft vom Polizeihubschrauber "Libelle FLIR" mit der Wärmebildkamera.

Gegen 22 Uhr wurden die Mannschaften in Richtung Brunnenschacht dirigiert. Ein Nachbar der 40-Jährigen hatte leise Hilferufe vernommen. "Sofort wurde ein Feuerwehrkamerad mit einem speziellen Rettungsgerät in den Schacht hinabgelassen", erläutert Hauptbrandinspektor Harald Geissler, Kommandant der Hauptfeuerwache Villach. Der Feuerwehrmann barg den Fünfjährigen unverletzt. Gleichzeitig wurde klar, dass das Unglück einen Toten gefordert hatte. Der Sozialbetreuer lag tot am Schachtgrund. Sein Leichnam wurde von Bergrettern geborgen.

Rund 50 Einsatzkräfte waren vor Ort
Rund 50 Einsatzkräfte waren vor Ort © KK/Hauptfeuerwache Villach

Aufgrund der Auffindungssituation gehen die Helfer davon aus, dass das Kind und der Sozialbetreuer zeitgleich in den Schacht gestürzt sein dürften. Der Bub lag auf dem 56-Jährigen. Das Kind wurde von einem Notarztteam an Ort und Stelle versorgt.

Beim Brunnenschacht wurden gebrochene Holzteile sowie geknickte Äste gesichert. Nach Abschluss der Ermittlungen wird eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt.

Tiefe Betroffenheit

Tiefe Betroffenheit und Trauer herrscht Dienstagvormittag in der kleinen Wohnsiedlung rund um den Unglücksort. Eine Trafikantin schildert im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, dass die Mutter des Buben am Montag bereits um 12 Uhr nach ihrem Sohn und dessen Sozialbetreuer zu suchen begonnen hatte. "Sie war bei uns und hat gefragt, ob wir das Kind gesehen hätten", so die Frau.

Zum stillen Helden der Tragödie wurde in den Abendstunden der 88-jährige Pensionist Leopold Hinteregger. Er saß mit seiner Gattin vor dem Fernseher, als ein Großaufgebot an Rettungskräften auf dem Nachbargrundstück nach den Abgängigen suchte. Hinteregger erinnerte sich, dass es im hintersten Eck des Gartens einst einen Gemeinschaftsbrunnen gab, der vier Parzellen mit Wasser versorgte. Hinteregger ging mit einem weiteren Nachbarn zum Schacht und rief in die Tiefe. Er hörte das leise Echo der Kinderstimme. "Hilfe, Hilfe!" Minuten später war das Kind geborgen.