Sieg" . . . tönt es aus dem Stadion-Lautsprecher. "Heil!", schallt es aus Tausenden Kehlen zurück. So in etwa hört es sich für kroatische Ohren an, was Nationalspieler Josip Simunic am 19. November mit dem Publikum im Zagreber Maksimir-Stadion anstellte. "Za dom . . .!", rief der Fußballprofi, ein Idol des kroatischen Nationalteams, den Fans zu. "Spremni!", ertönte die erwartete Antwort.

"Za dom spremni", zu Deutsch: "Für die Heimat bereit", ist der historische Gruß der Ustascha, einer NS-inspirierten Bewegung der 1930er-Jahre, die unter dem Schutz der deutschen Wehrmacht in Kroatien und Bosnien von 1941 und 1945 ein Terrorregime führte und Juden wie Serben in Vernichtungslagern ums Leben brachte. Der Gruß ist nach kroatischem Recht ebenso verboten wie das "Sieg Heil" in Deutschland und verstößt gleich gegen drei Gesetze: gegen das über die öffentliche Ordnung, gegen das Versammlungsrecht und gegen das Gesetz zur Verhinderung von Unruhen bei Sportwettkämpfen.

Aber die Empörung in der kroatischen Fußballwelt blieb aus. Sie regte sich erst, als de Weltverband FIFA den 35-jährigen Simunic zu einer Sperre von zehn Länderspielen verurteilte und damit de facto von der Weltmeisterschaft in Brasilien ausschloss. Schockiert sei er, sagte der Sekretär des Fußballverbands, Damir Vrbanovic, ob der Sanktion. Er wisse sicher, dass Simunic niemanden habe verletzen wollen. "Schockiert und enttäuscht", gab sich auch Niko Kovac, der neue Nationaltrainer. Simunics Tat kritisierten beide nicht. Der Fall Simunic ist nicht der erste, der zeigt: Die kroatische Fußballwelt ist für rechtsextreme Strömungen weit offen.

Spiel als Kriegsbeginn

Dass radikale Fans mit ultrarechten Symbolen kokettieren, ist europaweit nichts Ungewöhnliches. In Kroatien kommt ein besonderes jugoslawisches Erbe hinzu: Im Vielvölkerstaat war der Ausdruck von Nationalismus verboten und fand nur im Fußball ein Reservat.

Kroatische Hooligans feiern den 13. Mai 1990, als das Spiel Dinamo Zagreb gegen Roter Stern Belgrad wegen ausufernder Gewalt abgesagt werden musste, als Beginn des Krieges gegen die Serben - im selben Stadion, wo jetzt Simunic seinen Gesang intonierte.

Wenn Spieler den rechten Symbolen ihre Reverenz erweisen, kommt das bei den extremen Fans gut an. Simunic zeigt zudem keinerlei Unrechtsbewusstsein: Er habe "nichts Verkehrtes getan", sagte er einem kroatischen Kamerateam und erntete dafür binnen zehn Tagen 150.000 "Likes" auf Facebook.

Der kroatische Fußballverband HNS ziert sich seit jeher, den Extremisten entschlossen entgegenzutreten. Erstes Grummeln regte sich erst, als 2007 der Trainer von Hajduk Split von radikalen Fans übel verprügelt wurde. Nach langem Zögern erst ließ der Verband auf ein Projekt zur Verhütung von Fan-Gewalt ein.

Aber selbst wenn die Ultras von den Zuschauertribünen ausgeschlossen sind, wie beim Spiel Dinamo gegen das bulgarische Rasgrad im vorigen Jahr, kommen sie doch immer irgendwie an Karten. Das kroatische Helsinki-Komitee wirft den Funktionären vor, die Probleme unter den Teppich zu kehren.

Allerdings herrscht zwischen Hooligans und Verbandsgrößen bisweilen auch Nähe. Der HNS ist fest in der Hand der größten Oppositionspartei, der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), die zum Erbe des Ustascha-Regimes ein ambivalentes Verhältnis pflegt.

Staats- und Parteigründer Franjo Tudjman bemühte sich bis zu seinem Tode 1999, die faschistische Bewegung posthum mit den kommunistischen Partisanen zu versöhnen, denen er sich selbst als junger Mann angeschlossen hatte. Der Ustascha-Staat, so Tudjmans Formel, sei "der erste Ausdruck des Willens des kroatischen Volkes nach Selbstbestimmung" gewesen.

HNS-Präsident Davor Suker, Parteimitglied und zu aktiven Zeiten ein Superstar, fiel als Spieler von Real Madrid damit auf, dass er das spanische Grab des kroatischen "Führers" und Hitler-Freundes Ante Pavelic besuchte. Nationaltrainer Kovac trat für die HDZ schon im Wahlkampf auf. Bei den Linken dagegen ist die Sicht verbreitet, die Ustascha hätten mit Kroatien im Grunde nichts zu tun - schließlich kamen sie aus dem Exil und verdankten ihre Macht allein Hitlers Truppen. Entsprechend gering ist auch dort die Bereitschaft, sich mit dem ausgeschlagenen Erbe gründlich zu beschäftigen.

Faschistisches Wappen

Als im Grunde fremd kann praktischerweise auch Simunic durchgehen: Er wurde in Australien geboren und hat in Kroatien nie gelebt. Die starke kroatische Diaspora in seinem Heimatland wurde nach 1945 von Ustascha-Flüchtlingen gegründet. Der kroatische Verein von Simunics Geburtsstadt Canberra führt noch heute das Wappen der faschistischen Bewegung.

Auf eine gemeinsame Sicht der Geschichte haben sich Rechts und Links in Kroatien nie verständigt: Die einen gedenken des Ustascha-Massenmords im KZ von Jasenovac, die anderen der Nachkriegsmassaker, bei denen Titos Partisanen 1945 Zehntausende Ustascha-Anhänger erschossen.

Die Propaganda tut Wirkung. In einer Blitzumfrage der Zeitung "Vecernji List" kreuzten mehr als 50 Prozent der Leser die Antwort an: "Die Sperre ist eine große Schande. ,Za dom' ist kein Ustascha-Gruß."