Dem früheren ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch haftet seit jeher ein Ruf als Funktionär sowjetischer Prägung an. Westliche Politiker halten den Staatschef für wankelmütig - nicht erst seit seiner spektakulären Abkehr von einer EU-Annäherung im vergangenen November. Die heutige Regierung wirft dem bulligen Zwei-Meter-Mann vor, eine Marionette von Großindustriellen zu sein.

Janukowitsch wolle zu den demokratischen Prinzipien der EU so viel Distanz wie möglich - und zu Russland so viel Nähe wie unbedingt nötig, meint etwa Ex-Boxweltmeister und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.

Als Halbstarker saß Janukowitsch wegen eines Raubüberfalls in Haft. Seitdem, so beteuert der 63-Jährige, habe er das Gesetz nicht mehr gebrochen. Die von seiner Rivalin Julia Timoschenko angeführte proeuropäische Orangene Revolution machte Janukowitsch 2004 auf dem Weg ins Präsidentenamt zunächst einen Strich durch die Rechnung. Als der aus dem russischsprachigen Osten stammende Politiker es später dann doch noch an die Staatsspitze schaffte, startete er aus Sicht seiner Gegner einen "Rachefeldzug" gegen das Timoschenko-Lager.

Der am 9. Juli 1950 im Kohle- und Stahlrevier Donezk geborene Janukowitsch wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Vom Mechaniker stieg er nach sowjetischem Muster zum Ingenieur und Juristen mit Professorentitel auf. Kritiker sagen ihm nach, er unterdrücke die Opposition und schränke Medien ein. Janukowitsch zeigt sich gerne bei orthodoxen Kirchenfeiern. Bei der Fußball-Europameisterschaft 2012, die die Ukraine gemeinsam mit Polen austrug, mieden viele westliche Politiker das Land aus Protest gegen seine Menschenrechtspolitik. Am Samstag dürfte Janukowitschs Politik-Karriere ein unrühmliches Ende gefunden haben. Er verließ nach seiner Absetzung durch das Parlament fluchtartig die Hauptstadt Kiew - erst nach Charkow und dann angeblich in seine Heimatstadt Donezk - offenbar auf dem Weg nach Russland, wie ein Parlamentssprecher sagte.