Foxterrier Kira ist auf dem Vorzimmerteppich fast unsichtbar. Nur das rote Halsband der Hundedame sticht hervor aus dem wuscheligen Grau-Braun-Weiß, das Teppich und Hund verschmelzen lässt. Dahinter tut sich in der Grazer Altbauwohnung, über die Kira wacht, eine üppige Wunderwelt auf, kreiert vom Fotografen Robert W. Sackl-Kahr Sagostin und vor allem von seiner Frau, der Pianistin Aurélie Tremblay.

Jedes einzelne Stück in diesem trotz aller Fülle nicht überladen, gar bedrohlich wirkenden Ambiente hat seine Geschichte und ist liebevoll platziert. Die Wohnung ist insgesamt ein Gegenentwurf zu minimalistischer Wohnästhetik, führt aber auch vor, wie Tausende Objekte arrangiert werden können, ohne Räume zu nippes-prallen Wichtelhöhlen zu machen. Südlich, bisweilen orientalisch wirkt hier alles, strahlt Wärme aus und ist, wie gesagt, bei allem Detailreichtum von erheblicher Großzügigkeit.

Und noch etwas ist sofort spürbar, tritt man hier ein: die Liebe zu Kunst und Kultur in allen Ausformungen. Die Arbeiten des Fotografen Sackl-Kahr sind omnipräsent. In den Wohnräumen und in einem zur Wohnung gehörenden Showroom, der gegen Voranmeldung zu besichtigen ist. Wechselnde Präsentationen aus dem reichen Œuvre des Lichtbildners haben hier Platz (derzeit heißt der Schwerpunkt Venedig), der Einblick in ein umfängliches digitales Archiv ist möglich.

Der Ausstellungsraum konnte eingerichtet werden, weil in den vergangenen Jahren sukzessive Platz frei wurde – die Töchter Éléonore, Anouk, Manon und Salomé leben als Studierende in Wien und Berlin. Nur Sohn Samuel (14) hat noch sein Zimmer in der oberen Etage der elterlichen Wohnung, die eigentlich aus zwei durch eine massive Holztreppe miteinander verbundenen Einheiten besteht.

Aus dem großen Wohnraum der unteren Etage führt eine Stiege in den Garten, in dem sich ein malerischer Pavillon befindet. Ein Manner-Schnitten-Spender fehlt hier nicht. In einem in den Garten ragenden Erker ist die Küche untergebracht, auch sie mit Witz und Liebe zum Detail ausgestattet.

In Wohnung und Showroom fallen klar konstruierte, reizvoll farblich akzentuierte Möbel mit Laden und Regalen auf – Entwürfe von Aurélie Tremblay. Sie tragen wesentlich zum beschriebenen Gefühl der gezähmten Fülle bei, unterstützen die Individualität der Dinge, indem sie diesen Räume geben, sie nicht als bloßes Dekor spürbar machen.

Ganz sicher kein Ziergegenstand ist in dieser Wohnung das Piano, die Hausherrin unterrichtet das Instrument an der Grazer Kunstuniversität. Geboren in Paris (ihre Großmutter war die Pianistin Pauline Gordon), studierte Tremblay unter anderem in Graz bei Alexander Satz. Und blieb.

Wenn der Hausherr arbeiten will, muss er nur einen Hauseingang weiter. In seinem Atelier stehen allerdings nicht nur die für fotografische Kunststücke nötigen Gerätschaften bereit, es ist auch gefüllt mit jenen Gegenständen, die in der Wohnung nebenan keinen Platz mehr hätten. Ebenfalls eine Wunderkammer, in der man Wochen verbringen könnte und stets Neues entdecken würde.

Auch für Robert Sackl-Kahr ist die Großmutter, Hertha Kahr, eine ganz wichtige Frau im Leben. Die Triestinerin war ebenfalls Fotografin mit Ateliers in ihrer Geburtsstadt, in Laibach und in Graz. Sie wurde 105. Mehr dazu (und anderes Lesens- und Sehenswertes) auf: www.sackl-kahr.com

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