Um Neues zu schaffen, muss man manchmal mit Traditionen brechen. Maria Eisenberger wagte einen solchen radikalen Schritt auf dem Bauernhof ihrer Familie in Weinitzen. Vor zwei Jahren hat sie, als Jüngste von drei Geschwistern, den ehemaligen Milchkuhbetrieb, der sich seit 1910 in Familienbesitz befindet, übernommen und in einer Bauzeit von etwa neun Monaten vollkommen umgekrempelt. Die letzten zehn Zuchtkalbinnen, die zu diesem Zeitpunkt noch im Stall untergebracht waren, wurden nach ausreichender Vorbereitungszeit ihren Besitzern übergeben und aus dem ehemaligen Heustadl wurde ein Zentrum für ganzheitliche Gesundheit mit einer Gesamtnutzfläche von 202 Quadratmetern (und optionalem Ausbau von weiteren 75 Quadratmetern).

„Vor allem die ersten Abrissarbeiten waren sehr emotional“, erinnert sich Eisenberger, die ebenso wie ihre Eltern im Wohnhaus neben dem Stallgebäude lebt. „Meine Eltern sind mit Tieren aufgewachsen und ich gehe nun einen völlig neuen Weg – das war für alle eine große Herausforderung.“ Auch für die Holzbaumeister Peter Wibner und Wolfgang Herbst, die es nicht nur mit einem Haus mit Geschichte, sondern auch mit einer ungewöhnlichen Planung zu tun hatten.
Für die Sanierung wurde nämlich kein Architekt zurate gezogen. Markus Zöhrer, ebenfalls Holzbaumeister und ein Freund der Familie, übernahm die Grobplanung. „Ich wollte so viel wie möglich vom Alten erhalten und so naturnah wie möglich sanieren lassen“, beschreibt Eisenberger ihr Credo für die Sanierung.

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So wurde das gesamte Mauerwerk inklusive der für die damalige Zeit typischen Ziegelfenster komplett erhalten. „Für den Einbau eines Giebelfensters musste zwar ein Ziegelfenster ausgebaut werden. Es wurde jedoch an anderer Stelle wieder eingebaut“, erzählt Eisenberger, wie umsichtig mit dem alten Gebäude umgegangen wurde. Gedämmt wurde ausschließlich mit Zellulose und Holzfaserdämmplatten. Auch der Dachstuhl wurde originalgetreu wiederhergestellt. Eine von mehreren Maßnahmen, die eigentlich nicht geplant waren. „Wir sind davon ausgegangen, dass der alte Dachstuhl noch hält – aber ja, bei einer Sanierung passiert eben immer viel Unvorhergesehenes“, kann Eisenberger mittlerweile über die unliebsame Überraschung lachen.
Ebenso wie über die Decke des alten Stalls, der sich unter dem Stadl befindet. „Sie war wider Erwarten ebenfalls baufällig und musste komplett abgetragen und neu errichtet werden“, erzählt Wibner. Das Problem dabei: Die Decke wurde so um 40 Zentimeter höher als geplant, was eine zusätzliche Aufschüttung von 1,50 Metern im Eingangsbereich zur Folge gehabt hätte. „Aber Not macht erfinderisch“, verweist Eisenberger auf den großzügig angelegten Eingangsbereich, der ebenso wie die Außenfassade mit steirischem Lärchenholz (aus der Region Sommeralm) gestaltet wurde. „In unserer ersten Planung haben wir dem Eingangsbereich ehrlich gesagt gar keine große Aufmerksamkeit geschenkt und jetzt haben wir den Skywalk von Weinitzen“, sagt Eisenberger mit einem Lächeln im Gesicht. Eine Konstruktion, die aufgrund der raffinierten indirekten Beleuchtung abends zum echten Blickfang wird.

Mit Liebe zum Detail

Betritt man das barrierefreie Gebäude, wird schnell klar, dass die Herausforderung in Bezug auf Natürlichkeit auch im Innenraum angenommen wurde. Nachdem man die Schuhe an der Holzgarderobe abgestellt hat – es herrscht Patschenpflicht –, fühlen sich die Füße gleich am geölten Natureichenboden mit Fußbodenheizung wohl. „Das Raumkonzept haben wir an die vorhandenen Mauern angepasst“, so Wibner. „So entstanden Winkel, die man in dieser Form niemals planen würde, die dem Ganzen aber einen besonderen Reiz verleihen.“ Therapieräume, Garderobe, Küche und Büro verschmelzen zu einer harmonischen Einheit mit viel Liebe zum Detail. In jedem Raum gibt es mindestens eine Wand mit Naturlehmputz, die nicht nur für das Raumklima von Vorteil ist. Je nach Lichteinstrahlung verändert sich die Farbe der Wände von verschiedenen Brauntönen bis hin zu einem matten Gold, das den Räumen einen edlen, aber nicht aufdringlichen Glanz verleiht. Über jeder Tür hängt ein künstlerisch gestaltetes Bild, das auf die Tätigkeit im Inneren verweist – von der ausgleichenden Schafgarbe über die beruhigende Melisse bis hin zum Löwenzahn, der für die Verdauung von Bedeutung ist.

Herbarium mit Panorama

Das Herzstück bildet jedoch das rund 75 Quadratmeter große „Herbarium“ – begrenzt von einem Kamin auf der einen und einem Panoramafenster auf der anderen Seite, das den Blick nach Graz und an schönen Tagen bis zur Koralm freigibt. Sollte die Sonne einmal ihre Dienste versagen, lässt das ausgeklügelte Lichtkonzept mit Deckenlampen, Bodenspots und LED-Streifen an den offenen Dachbalken keine Wünsche offen.

Auf die Zukunft!