Einfach war das nicht. Für das rund 1200 Quadratmeter große Grundstück am Grazer Stadtrand gab es einen Bebauungsplan, der nicht viel Spielraum ließ: Neben der genauen Platzierung des Gebäudes auf dem Hang waren auch Dachform (Walm- oder Satteldach), Firstrichtung (Nord-Süd) und Traufenhöhe (hangseitig fünf Meter, talseitig 7,5 Meter) vorgegeben. Zusätzlich waren nur minimale Geländeveränderungen und weder Stützmauern noch Steinschlichtungen erlaubt. „Als wir das Grundstück 2014 auf der Onlineplattform willhaben.at entdeckt haben, wussten wir dennoch, dass es das ist – weil die Lage perfekt ist“, erzählt der Hausherr, der damals freilich nur eine vage Vorstellung von dem Gebäude hatte, das auf diesem Grundstück entstehen sollte. „Meine Frau und ich haben unzählige Architekturzeitschriften und -bücher durchgesehen in der Hoffnung, da und dort etwas abkupfern zu können“, erzählt er. Die Erkenntnis: „Das Grundstück war einfach viel zu speziell.“

An dieser Stelle kam der Villacher Architekt Michael Prodinger, ein Jugendfreund des Hausherrn, ins Spiel. In einer zweimonatigen Planungsphase stellte er sich zur vollen Zufriedenheit seiner Auftraggeber der Aufgabe, Bauherrenwünsche und Bebauungsplan unter ein Dach zu bringen.

© Architekt Michael Prodinger

Dreh- und Angelpunkt des Entwurfs wurde die ebenerdige Erschließungszone des Hauses über einen Split-Level bzw. ein Halbgeschoß mit großzügigem Empfangsbereich samt Schrankraum. Von hier aus geht es treppauf zum offenen Wohnbereich und treppab zu den privaten Rückzugsräumen auf Garten- bzw. Poolniveau. „Bei dem Ausblick, den man im Obergeschoß hat, war uns von Anfang an klar, dass wir auf der oberen Etage wohnen und in der unteren schlafen wollen – die Ebenen nach allgemeinem Verständnis also umdrehen müssen“, sagen die Bewohner.

© Architekt Michael Prodinger

Die großzügigen Verglasungen ermöglichen im lichtdurchfluteten Dachraum mit Galerie tatsächlich ein 270-Grad-Panorama. Zwei nach außen ragende Cinemascope-Fenster, wie sie der Architekt nennt, sorgen dabei für den zusätzlichen Wow-Effekt – außen als reizvoller Bruch in der glatten Putzfassade, innen als sensationeller Bilderrahmen fürs Grazer Hügelland und als gemütliche Sitznische mit gut gepolsterter Fensterbank. „So ein Platz war mir immer wichtig“, erklärt die Hausherrin. Generell bleibt der Dachraum auf dieser Ebene mit einer Raumhöhe von bis zu fünf Metern voll erlebbar. WC und Speis wurden als separate Boxen in den Raum gestellt, darüber hat noch eine kleine Galerie Platz.

Stilikone trifft Diskonterware 

Fixpunkte im Einrichtungskonzept, für das allein die Bewohner verantwortlich zeichnen, waren von Beginn an die weiße Küche mit Nurglaseck und durchgehender dunkler Stein-Arbeitsplatte sowie ein archaisch anmutender Esstisch aus der Werkstatt des Salzburger „Holzkünstlers“ Stefan Knopp. Hinzu gesellt sich ein geschmackssicherer Mix aus Stilikonen wie dem Eames- Lounge-Chair aus den 1950ern und Schnäppchen vom Möbeldiskonter wie etwa einer Ikea-Couch. Pendelleuchten aus Muranoglas von Studio Italia (über dem Esstisch) und Zaha Hadids schwarze „Avia“ im Zugangsbereich („unsere Fledermaus“, sagen dazu die Bewohner) sorgen gemeinsam mit Fundstücken aus großen Möbelhäusern dafür, dass den Besuchern ein Licht aufgeht. Für die perfekte Stimmung gibt es ein wärmendes Feuer im offenen Kamin.

Im Untergeschoß stehen Garten und Pool („Der war uns von Anfang an wichtig“) im Mittelpunkt. Eine kleine Sommerküche (im Hausinneren) mit Blickbeziehungen zum oberen Wohnbereich, die überdachte Terrasse im direkten Anschluss daran sowie Schlaf- und Kinderzimmer mit direktem Zugang zum Garten machen das Wohlfühlprogramm perfekt. „Im Sommer ist es hier außerdem wunderbar kühl zum Schlafen“, sagt die Hausherrin.

Der Garten wurde stufenweise angelegt – mit Schwimmbad, Poolterrasse und Grillplatz. „Die zuerst angedachte Außen-Wendeltreppe vom oberen Stockwerk in den Garten haben wir uns Gott sei Dank gespart“, sagen die Bewohner. Der Garten und die umgebende Landschaft sind auch so in jedem Raum zum Greifen nah.