Die Ausgangssituation war sozusagen typisch für Aufträge, die Gartenarchitekten im Privatbereich erhalten: Das Haus war längst perfekt, der Garten aber nach Jahrzehnten noch immer eine Baustelle - grün zwar, aber leider nicht wohnlich. Was beim heurigen Wettbewerb „Gärten des Jahres“ des Callwey-Verlags und der Fachzeitschrift „Garten und Landschaft“ zum Siegerprojekt gekürt wurde, war vor der Umgestaltung durch das deutsche Büro Koch+Koch Gartenarchitekten ein rund 3500 Quadratmeter großes unstrukturiertes, grünes Allerlei. Das Grundstück mit seinem blickversperrenden, überalterten Baumbestand war schlichtweg übervoll. Zusätzlich machten undurchlässige Böden und ein Gefälle von bald zehn Metern auf dem Anwesen den Auftrag für Alexander Koch, der sich seit fast drei Jahrzehnten ausschließlich der Gestaltung privater Gärten widmet, zur Herausforderung. Was ihm hier für seine Auftraggeber aus dem Raum Nürnberg gelang, war sozusagen ein „Meisterwerk in Sachen Raumbildung“, wie es die Jury formuliert.

Koch selbst erklärt seine Arbeitsweise so: „Ich inszeniere zuerst die Räume, danach erst die Terrassen.“ Im Normalfall läuft es umgekehrt: „Die meisten planen zuerst die Terrasse und setzen dann einen Baum.“ Koch hingegen fängt am liebsten mit zwei Lastzügen voller großer Pflanzen an, um seine Auftraggeber ohne große Worte erleben zu lassen, was Gartenarchitektur bewirkt: „Sie inszeniert Räume, intellektuell lässt sich das nur schwer erklären, aber sie schafft ein Gefühl von ,So stimmts'.“ Freilich könne man für Gartenplanung auch ohne eine Veränderung der Stimmung im grünen Raum viel Geld ausgeben. Für Koch geht das allerdings am eigentlichen Ziel vorbei: an einem Garten, der Geborgenheit bietet („Alles andere ist mit dem Gefühl von Unwohlsein verbunden“) und dabei keinesfalls mit einem Blick erfasst werden kann, weil es sonst ganz schnell fad wird. „Das Gefühl: ,Dahinter, da geht es immer noch weiter', ist das, was große Gartenarchitektur, schon immer ausgezeichnet hat“, sagt Koch und meint dabei das bewusste Ein- und Ausblenden von Gartendetails. Das Beste kommt für ihn dabei immer am Anfang und nicht zum Schluss. Es versteckt sich keinesfalls im letzten Winkel des Gartens.

Der Plan zur Idee von Alexander Koch
Der Plan zur Idee von Alexander Koch © KOCH + KOCH

Im prämierten Projekt ist „das Beste“ ein Zierapfelhain (Malus Hybride „Evereste“), der den langen, geraden Weg von der Straße den Hang hinauf säumt. Ausgesucht wurden 27 Bäume mit unterschiedlichen Höhen, Breiten und Kronenansätzen, die über Wochen intensiv duftende, weiße Blütenwolken in den Garten zaubern und dann das Auge bis in den Winter hinein mit attraktiven orange-roten Früchten erfreuen - bis sich schließlich Amseln und Drosseln daran erfreuen. Für die Zieräpfel mussten einige alte Birken, die die Sicht auf einen der markanten Berge der Schwäbischen Alb verstellten, weichen. Als Abschluss der neu gewonnenen Sichtachse wurde die Skulptur eines „blauen Pferdes“ (ein Betonguss, blaue Iris und Katzenminze) an den Hain gesetzt. „Als diese Bäume gepflanzt waren, hat es bei dem Auftraggeber sozusagen klick gemacht. Das Bild hat gestimmt“, sagt Koch.
Für den Rest nahm er sich allerdings ungewöhnlich viel Zeit. In Summe waren es mehr als zehn Jahre, die Koch an diesem Garten arbeitete, freilich nicht permanent, sondern mit vielen Pausen, aber es war ein Langzeitprojekt. Diese Herangehensweise wird dem Thema vermutlich auch am ehesten gerecht: Ein Garten ist ja ständig in Entwicklung, permanent in Veränderung, nie fertig.

Der Gartenarchitekt Alexander Koch arbeitet ausschließlich an der Gestaltung privater Gärten
Der Gartenarchitekt Alexander Koch arbeitet ausschließlich an der Gestaltung privater Gärten © REGINA RECHT

„Das Faszinierende ist, dass immer wieder neue Situationen entstehen“, sagt Koch. Demnächst soll in seinem Vorzeigeprojekt zum Beispiel noch ein neuer Anbau am Haus mit einer Mauer im Garten verankert werden. Womit wir freilich schon beim zentralen Element jedes Privatgartens sind: beim Wohnhaus, bei dessen Planung die (Mit-)Arbeit des Gartenarchitekten nach Kochs Vision schon beginnen sollte - „weil meine Berufsgruppe einfach die größtmögliche Ahnung von Raumbildung hat“.

In Innen- und Außenräume wird von privater Hand tatsächlich seit einigen Jahren verstärkt investiert. Im Gegensatz zu Häusern und Wohnungen sei der Garten dabei aber so gut wie nie als Repräsentationsobjekt gedacht, sondern einfach als Wohlfühloase, ist Kochs Erfahrung nach 458 Gartenplanungen. Einen Garten, den gestaltet man letztlich nur für sich selbst, und wenn man ihn herzeigt, dann zeigt man ein Stück von sich selbst - mit sehr viel Herz.

© Callwey-Verlag