Markus Krebber rückte Anfang Mai an die Spitze des deutschen Energieriesen RWE, der sich mitten im Umbau von einem der größten CO2-Emittenten des Kontinents zu dessen führendem Ökostrom-Konzern befindet. Der Ersatz von Atom- und Kohlekraftwerken durch Erneuerbare ist folglich die größte RWE-Baustelle.

Allein im ersten Halbjahr investierte RWE, die bis 2040 klimaneutral sein will, zwei Milliarden Euro in deren Ausbau – in dieser Größenordnung werde das Investitionsprogramm fortgeführt, erklärte Krebber bei einem Besuch in Klagenfurt, dem Hauptsitz der Kärntner Kelag, an der die RWE mit 38 Prozent beteiligt ist. Diese Schlagzahl – vier Milliarden Euro pro Jahr für neue Wasser-, Wind- und Sonnenkraftwerke – werde fünf Jahre lang beibehalten, „um das Geschäft, das uns wegbricht, zu ersetzen“. Gemeinsam mit Partnern sollen daher in den kommenden fünf Jahren 20 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen.

"Stromverbrauch verdoppelt sich"

Der RWE-Chef erwartet bei völliger Dekarbonisierung einer Volkswirtschaft – in Österreich bis 2040 angestrebt – eine Verdoppelung des Stromverbrauchs. Das Gros zusätzlicher Nachfrage komme aus Wärmeproduktion und Industrie – und nicht vom Verkehr. „Je schneller ich mit dem Ausbau der Erneuerbaren bin, desto größer ist mein Standortvorteil.“ Andernfalls drohe die schleichende Deindustrialisierung: „Sind wir mit dem Ausbau der grünen Energie nicht schnell genug, passt sich die Nachfrage dem Angebot an – und die nächsten Investitionswellen finden dann dort statt, wo ausreichend Energie verfügbar ist. Das ist meine größere Sorge als ein Blackout“, sagt Krebber.

"Das ist viel zu lange"

Daher komme es jetzt auf mehr Tempo bei der Energiewende an: „Der größte Engpass heute ist: Wir haben keine genehmigten, realisierbaren Projekte.“ Es fehle nicht nur in Deutschland an mehr Flächen für alle Technologien – Wasserkraft, Wind und Sonne; Planungsverfahren dauerten oft fünf bis sieben Jahre – „das ist viel zu lange. So werden wir die Ziele nie erreichen. Und wir brauchen mehr Personal in den Behörden.“

Krebber hofft auf einen Schub für den Erneuerbaren-Ausbau nach der deutschen Bundestagswahl am 26. September: „Wir brauchen eine kraftvolle, starke Regierung. Wenn wir so weitermachen, schaffen wir nicht einmal die jetzigen Ausstiegsziele.“

Wo industrielle Prozesse nicht elektrifiziert werden können, bleibe nur grüner Wasserstoff als Technologie. „Daher brauchen wir schnelle Entscheidungen zur Errichtung von Wasserstoffnetzen.“