Die Reise beginnt mitten im Seminarraum. Die Umgebung aus Stehtischen, Stühlen und Beamern verschwindet gewissermaßen und man steht plötzlich vor einer riesigen Produktionsanlage. Die 3D-Brille am Kopf und zwei futuristische Joysticks in den Händen machen es möglich. Früher wurden hier in Grambach, beim Automatisierungsspezialisten PIA, die teilweise ganze Hallen füllenden Produktionssysteme maßstabgetreu mit Kartonagen nachgebaut. Das lässt sich heute fast durchgehend durch 3D-Modelle in der virtuellen Realität (VR) abbilden. Innerhalb der PIA-Gruppe ist Grambach das Kompetenzzentrum für VR-Anwendungen, künstliche Intelligenz und insgesamt für die Entwicklung von smarten Fertigungslösungen.

Auch sonst hat sich der Standort in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt. Vor 30 Jahren haben Gerhard Maitz und Herbert Ritter mit der M&R Automation den Grundstein gelegt und nach und nach ein global gefragtes Unternehmen geformt. Vor mehr als zweieinhalb Jahren hat die PIA Automation Holding die M&R übernommen. Nun, zum 30. Firmenjubiläum wurde die bemerkenswerte Wachstumsgeschichte des Unternehmens im Rahmen eines Mitarbeiterfests nachgezeichnet. Heute sind in Grambach 410 Mitarbeiter für PIA tätig, in Europa und Nordamerika zählt man zu den Marktführern bei der Herstellung von Produktionsanlagen für Antriebsstrangkomponenten.

Zahlreiche Herausforderungen für die Branche

Der Standort ist das globale Powertrain-Kompetenzzentrum der Gruppe. Das steirische Know-how ist seit Jahren sowohl bei Autozulieferern wie AAM, Magna oder ZF im Einsatz als auch bei Fahrzeugherstellern wie Daimler, BMW und Volkswagen.

Ein Blick in die zuletzt markant erweiterten Fertigungshallen zeigt, dass „mittlerweile mehr als 50 Prozent der Anlagen für Elektromobilität und Hybrid-Antriebsstränge bestimmt sind“, wie Geschäftsführer Norbert Kahr betont. Kahr und Nikolaus Szlavik, der Mitte August im PIA-Management andockte, bilden das neue Führungsduo der PIA Automation Austria. Holding-Chef Johannes Linden wechselte nach fast zwei Jahren als Vorstandsvorsitzender in den Aufsichtsrat der PIA Austria.

              Johannes Linden, Barbara Eibinger-Miedl, Nikolaus Szlavik und Norbert Kahr beim 	Firmenjubiläum der PIA Automation Austria (früher M&R) in Grambach, wo bereits 410 Mitarbeiter beschäftigt sind
Johannes Linden, Barbara Eibinger-Miedl, Nikolaus Szlavik und Norbert Kahr beim Firmenjubiläum der PIA Automation Austria (früher M&R) in Grambach, wo bereits 410 Mitarbeiter beschäftigt sind © (c) Dieter Wesiak

Insgesamt ist die Autoindustrie derzeit mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Neben dem technologischen Wandel tragen auch die Handelskonflikte und die damit einhergehende konjunkturelle Eintrübung zu einer Verunsicherung der Märkte bei. Auch bei PIA wird nicht verhehlt, „dass die Situation am Markt seit Jahresbeginn schwieriger geworden ist“, wie Kahr ausführt. Man sehe sich „aber gut für diesen Wandel aufgestellt“, wie Szlavik ergänzt. Daher soll auch der Mitarbeiterstand weiter zulegen. „Wir sind gerade in den Aufplanungen für die nächsten Jahre – es geht weiter aufwärts“, so Szlavik. „Die Mobilität der Zukunft und die Digitalisierung eröffnen uns neue Chancen, die wir nutzen werden.“

Zunahme der Variantenvielfaltals Chance für Grambach

Der Zukunftsoptimismus, der sich trotz der unwirtlichen Konjunkturkulisse bei PIA breitmacht, speist sich aus mehreren Gründen. „Stückzahlen sind für uns nicht so relevant, sondern die Zunahme der Variantenvielfalt bei den Antriebsstrangtechnologien – von hybrid über rein elektrisch bis hin zu den Verbrennern“, betont Linden.

Daraus ergebe sich eine „Riesenchance“, weil entsprechend mehr Fertigungsanlagen benötigt werden. Zudem würden sowohl Hersteller als auch Zulieferer auf den Handelskonflikt auch mit neuen Produktionsstrategien reagieren, von zentralen Werken, an denen Autos für den gesamten Weltmarkt gefertigt werden, hin zu eher dezentralen Produktionsorganisationen, so Linden. Das heißt, dass in den USA für die USA, in Europa für Europa, in Asien für Asien gefertigt wird. „Wir sind bereit, diesem Trend zu folgen.“ Denn der Hersteller habe, auch wenn er lokal produziert, einen weltweiten Standard, der auch bedient werden müsse. Der Umstand, dass hinter PIA ein chinesischer Eigentümer steht, sei dabei ein Vorteil, so Linden, nicht nur weil das den Zugang zum chinesischen Markt erleichtere. „Powertrain Automationssysteme von PIA Austria haben Weltruf und sind eines der Zugpferde der gesamten Gruppe.“ Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl hob bei den Feierlichkeiten hervor, „dass PIA als bedeutender Leitbetrieb wesentlich dazu beiträgt, dass die Steiermark zu den innovativsten Regionen in Europa zählt“.