Es ist ein höchst ungewöhnliches Projekt, das am Ortsrand von Kötschach-Mauthen, unmittelbar am Ufer der Gail, entsteht: Die erste Baustufe der "Agrar-Sonnenfarm" ist bereits in Betrieb. Die PV-Anlage erzeugt auf rund 8000 Quadratmeter 850 KW Strom, das entspricht dem Jahresbedarf von 260 Haushalten. Drei weitere Baustufen werden folgen, dann soll auf rund fünf Hektar Fläche nahe Schrottplatz, Kläranlage, Tanklager und Altstoffsammelzentrum sauberer Strom für 1800 Einfamilienhäuser produziert werden.

Hinter diesem Projekt steht die AAE Naturstrom von Wilfried Klauss, Ökostrompionier aus dem Gailtal und Geschäftsführer der Alpen-Adria-Energie-Firmengruppe. Klauss verfügt nicht nur - in Kärnten eine Ausnahme - über ein eigenes Regional-Stromnetz, das Kötschach-Mauthen versorgt, sondern auch über 17 Kleinwasserkraftwerke und zwei Windräder auf dem Plöckenpass, noch die einzigen Windkraftanlagen, die in Kärnten in Betrieb sind. Außerdem betreibt Klauss sechs Kleinstauseen in den Karnischen Alpen. Diese zwischen 1000 und 30.000 Quadratmeter Wasserfläche großen "grünen Batterien" sichern die Stromversorgung, sobald der Verbrauch stark steigt. Dazu kommen noch Beteiligungen, etwa an Windparks in Niederösterreich und Slowenien sowie bundesweit 35.000 Abnehmer des "Naturstroms", die Klauss zum, wie er schmunzelnd meint, "kleinen Verbund" machen.

Ökostrompionier Wilfried Klauss senior
Ökostrompionier Wilfried Klauss senior © KK

"Sonnenfarm" an der Gail

Das Portfolio aus Wasser- und Windkraft sowie Stromnetz erweitert Klauss nun mit seiner "Sonnenfarm". "PV-Kleinanlagen auf Hausdächern sind wichtig, aber unzuverlässig, damit kann man nicht für die Verosrgungssicherheit kalkulieren", erklärt Klauss. Vor allem im Winter nicht. Die "Sonnenfarm" an der Gail ist hingegen in mehrfacher Hinsicht innovativ: Die PV-Module werden auf Stehern zwei bis drei Meter über dem Boden angebracht, die Flächen darunter werden landwirtschaftlich genutzt: Sonnenblumenfelder und Biogetreide sollen angepflanzt werden, Schafe weiden und eine Naturblumenwiese für Imker findet ebenfalls Platz, sagt Klauss. Selbst eine maschinelle Bewirtschaftung sei möglich. "Wir verlieren durch die PV-Kollektoren, die ohne Beton auskommen, nur 13 Prozent an agrarischer Fläche, der Rest wird aufgewertet und ist wegen des Sonnenschutzes sogar fruchtbarer." Bedeutend für die schneereiche Region: "Mit Schneebürsten werden die Kollektoren im Winter gereinigt."

Valentinspeichersee
Valentinspeichersee © KK

"Strom von in der Früh bis zum Abend"

Anders als viele anderen nach Süden orientierte PV-Flächen richtet Klauss seine "Agrar-Sonnenfarm" in Ost-West-Richtung aus. "So haben wir nicht nur eine Leistungsspitze zu Mittag, sondern Strom von der Früh bis zum Abend." Dank der Verbindung zu einem 500 Höhenmeter höher gelegenen Pumpspeicherkraftwerk kann überschüssiger Strom gespeichert werden. Klauss nennt sein Konzept "Sonnenenergie der neuen Art". Eine Million Euro floss bereits ins Projekt, für die kommenden zwei Baustufen sind weitere rund fünf Millionen Euro vorgesehen, die Kosten für Baustufe vier sind noch offen.

Plan zum Standort der "Sonnenfarm" in Kötschach-Mauthen
Plan zum Standort der "Sonnenfarm" in Kötschach-Mauthen © (c) Bernhard Klauss

Teil des Gesamtkonzepts ist ein Akku-Container, der mit 2 MW Leistung im Falle eines Blackouts einen zweistündigen Stromausfall in der Gemeinde Kötschach-Mauthen überbrücken können soll. "Danach würden bei einem Zusammenbruch der Netze unsere Wasserkraftwerke übernehmen." Die Kombination aus Wind-, Wasser- und Sonnenstrom plus Energiespeicherung sei für die dezentrale Versorgung des Ortsnetzes von großer Bedeutung.

Das Gras unterhalb des PV-Daches wird gemäht
Das Gras unterhalb des PV-Daches wird gemäht © KK

Labor für Stark- und Schnellladetechnik

Und noch zwei Bausteine gehören zum Konzept von Klauss: Gemeinsam mit dem (familieneigenen) auf E-Mobil-Ladetechnik spezialisierten Start-up "EnerCharge" soll in der "Sonnenfarm" ein mobiles Entwicklungslabor für Schnell- und Starkladetechnik für Busse, Lkw und Schiffe entwickelt werden. Geplant ist auch, gemeinsam mit einem Partner, eine Wasserstoffanlage zu bauen.