Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat einen Verordnungsentwurf für die Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Rindfleisch und Eier in der öffentlichen und privaten Gemeinschaftsverpflegung vorgelegt. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) forderte im APA-Gespräch ebenso die Lebensmittelhersteller in die Pflicht zu nehmen. "Ich erwarte mir eine Umsetzung auch für verarbeitete Produkte." Dieser Punkt müsse in die Verordnung aufgenommen werden.

ÖVP und Grüne kommen einer Ankündigung aus ihrem Regierungsprogramm nach. Dort hatte man sich auf eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der öffentlichen und privaten Gemeinschaftsverpflegung wie etwa Kantinen und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 festgelegt. Das Gesundheitsministerium und Landwirtschaftsministerium haben ein Rechtsgutachten beim Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer in Auftrag gegeben, das nun vorliegt.

Köstinger: "Österreich kann eigener Weg gelingen"

Eine Länder-Herkunftskennzeichnung von Primärzutaten in der Gemeinschaftsverpflegung und in verarbeiteten Lebensmitteln sei derzeit nur bei Lebensmitteln möglich, wo die EU-weite Lebensmittelinformationsverordnung und Primärzutatenverordnung nicht gelte, sagte Obwexer zur APA. National könne eine verpflichtende Herkunftsangabe nur bei Rindfleisch und -erzeugnissen, Eiprodukten und bei Obst und Gemüse eingeführt werden. "Österreich sind zwar Grenzen gesetzt bei dieser Herkunftsangabenverpflichtung, aber es gibt Möglichkeiten", sagte Obwexer.

Landwirtschaftsministerin Köstinger gibt sich zuversichtlich, dass Österreich "ein eigener Weg" gelingen könne. "Wir wissen, dass es EU-rechtlich auch Hürden gibt und es nicht ganz einfach wird in der Umsetzung, vor allem weil es die Primärzutatenverordnung der Europäischen Union gibt." Auf EU-Ebene werde man darauf drängen, dass eine Herkunftskennzeichnung in verarbeiteten Produkten und in der Gemeinschaftsverpflegung unter anderem von Schweinefleisch, Geflügel und Milch langfristig möglich werde, kündigte Köstinger an. Dies müsse im Rahmen der "Vom Hof auf den Tisch"-Strategie passieren.

"Entwurf ist noch in Abstimmung"

Das Gesundheitsministerium will in den kommenden Tagen und Wochen den Verordnungsentwurf mit dem Landwirtschaftsministerium noch nachjustieren. "Der Verordnungsentwurf ist noch in Abstimmung", hieß es aus dem Gesundheitsministerium auf APA-Anfrage. Dann wird die geplante Verordnung nach Brüssel geschickt. "Europarechtlich ist vorgeschrieben, dass wir der EU-Kommission den Entwurfstext vorab übermitteln, dann beginnt eine dreimonatige Stillhaltefrist", so Gesundheitsminister Anschober in einer Aussendung. "Sollte es keine Einwände geben, wären wir hier einen großen Schritt in Richtung Transparenz für die Konsumentinnen und Konsumenten weiter."

Für Gesprächsstoff zwischen den Ministerien wird noch die genaue Definition von Gemeinschaftsverpflegung sorgen, und ob damit die ganze Gastronomie von der geplanten Herkunftskennzeichnung betroffen sein wird oder nicht. Das Gesundheitsministerium verweist auf folgende Definition der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV): "Als Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung gelten dabei Einrichtungen jeder Art (darunter auch Fahrzeuge oder fest installierte oder mobile Stände) wie Restaurants, Kantinen, Schulen, Krankenhäuser oder Catering-Unternehmen, in denen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit Lebensmittel für den unmittelbaren Verzehr durch den Endverbraucher zubereitet werden (Art 2 Abs 2 lit d LMIV)."

Die heimische Lebensmittelindustrie ist den Plänen der zuerst türkis-blauen und nun türkis-grünen Bundesregierung, Herkunftskennzeichnungen für verarbeitete Lebensmittel einzuführen, stets kritisch gegenüber gestanden. Zuletzt forderte die Industrie, die Herkunftskennzeichnung nur im Einklang mit der EU umzusetzen. Eine rein nationale Verpflichtung würde nur die heimischen Hersteller und ihre Lebensmittel "Made in Austria", nicht aber deren ausländische Mitbewerber und Importprodukte treffen, hieß es damals vom WKÖ-Fachverband der Lebensmittelindustrie.

Mehr Transparenz am Teller

Positiv bewerten die Initiatoren des Tierschutzvolksbegehrens, WWF und die Grünen den Verordnungsentwurf. Die Verordnung zu Herkunftskennzeichnung bei Rindfleisch und Eiern würde einen gewaltigen Fortschritt zur Verhinderung von Tierleid bringen, hieß es in einer Aussendung der Tierschutzvolksbegehren-Organisatoren. "Ich freue mich sehr über diesen ersten Schritt hin zu mehr Transparenz am Teller", sagt die Landwirtschaftssprecherin der Grünen, Olga Voglauer. Der WWF freut sich über den ersten Schritt bei der Herkunftskennzeichnung, fordert aber "weitere Maßnahmen". Nicht zufrieden ist die Tierschutzorganisation Vier Pfoten. "Wir sind enttäuscht von den Ankündigungen von Gesundheitsminister Anschober. Sein Vorhaben zur Kennzeichnung von Rind und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung ist nur ein erster kleiner Schritt und wenig ambitioniert." Es würden nicht einmal die Vorhaben zur Herkunftskennzeichnung aus dem Regierungsprogramm erfüllt.