Die EZB werde auch in der zweiten Welle da sein, hat EZB-Chefin Christine Lagarde bei der Zinssitzung im Oktober gesagt und darauf hingewiesen, dass die EZB im Dezember ihre „Instrumente der Lage entsprechend neu kalibrieren wird“. Damit hat sie die Erwartungen an die morgige Zinssitzung nach oben geschraubt. „Sie hat sich selbst unter Zugzwang gesetzt“, sagt Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International. „Wir sind in einer Zwischenlage zwischen hohen Infektionen und Hoffnungen auf eine Impfung. Jetzt wäre es besser, abzuwarten“, sagt der Experte. Deshalb geht die Mehrzahl der Ökonomen auch nicht davon aus, dass die EZB die Zinssätze verändern wird. Auch die Prognosen für 2021 und 2022 werden aktualisiert. Sie werden die Auswirkungen der Viruskrise noch deutlicher darlegen. Erschwerend hinzu kommt die seit Monaten negative Inflation im Euroraum.

„Irgendetwas muss Lagarde ankündigen“, sagt auch Brezinschek. Er rechnet damit, dass zumindest das Pandemie-Anleihenkauf-Programm um 500 Milliarden Euro aufgestockt und bis Ende 2021 verlängert wird. „Hier kann die EZB bei den Anleihenkäufen wesentlich flexibler sein als bei den anderen Programmen.“ Auch die Liquiditätsversorgung der Banken mit sogenannten TLTRO werde wohl verlängert werden.

Debatte um Strafzins für Banken

Der Raiffeisen-Analyst hofft auch auf eine Lockerung beim Einlagenzinssatz. Dieser werde zwar weiterhin bei minus 0,5 Prozent bleiben, aber die Freigrenze, ab welcher der Strafzins fällig wird, sollte steigen. „2020 wurden wesentlich weniger Kredite abgerufen. Banken mussten daher viel mehr Strafzinsen zahlen als im Vorjahr.“ Und angesichts einer bevorstehenden Insolvenzwelle könnte die EZB mit dieser Maßnahme die Eigenkapitalbasis der Banken ein bisschen unterstützen.

Sorgen dürfte der EZB der gestiegene Euro bereiten. Die Gemeinschaftswährung kletterte auf über 1,21 Dollar und lag damit auf dem höchsten Niveau seit April 2018. Das Überwachen des Wechselkurses gehöre nicht zu den Zielen der EZB, sagt Brezinschek: „Lediglich auf den inneren Wert, die Inflation, wird geachtet.“ Dennoch rechnet er damit, dass Lagarde auf den Wechselkurs mahnend eingehen wird. Langfristig hänge die Entwicklung des Euros zum Dollar vor allem davon ab, wie viel frisches Geld die US-Notenbank Fed auf den Markt bringen werde, sagt der RBI-Chefanalyst. Wenn das die Maßnahmen der EZB überflügle, werde das den Dollar weiter schwächen und den Euro verteuern.