Die US-Notenbank Fed wird ihre Nullzinspolitik aufgrund der Corona-Krise voraussichtlich noch lange fortsetzen. Dies geht aus neuen Zinsprognosen der Zentralbank hervor, die nach ihrer Zinssitzung am Mittwoch veröffentlicht wurden. Demnach gehen die meisten der geldpolitischen Entscheidungsträger bis Ende 2022 davon aus, dass das gegenwärtige Zinsniveau von nahezu null Prozent beibehalten wird.

Die Corona-Krise werden die Wirtschaft, den Arbeitsmarkt und die Inflation stark belasten, teilte die Fed mit. Es bestünden erhebliche konjunkturelle Risiken. Für dieses Jahr rechnet die Notenbank mit einer Schrumpfung der Wirtschaft um 6,5 Prozent, gefolgt von einem Wachstum um 5,0 Prozent im kommenden Jahr. Die Arbeitslosenquote dürfte in diesem Jahr 9,3 Prozent betragen und 2021 auf 6,5 Prozent sinken. Die Inflation wird den Prognosen zufolge bis 2022 unter dem Ziel der Fed von 2 Prozent liegen.

Corona-Krise ist keine neue "Große Depression"

Die US-Notenbank Fed geht dennoch nicht davon aus, dass die Welt vor einer ähnlich einschneidenden ökonomischen Krise steht wie vor etwa 90 Jahren. Gefragt danach, ob die Corona-Krise mit der "Großen Depression" bzw. der Weltwirtschaftskrise ab dem Jahr 1929 vergleichbar sei, sagte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell am Mittwoch in Washington: "Ich glaube nicht, dass die Große Depression ein gutes Beispiel ist für das, was gerade geschieht."

Powell nannte einige Unterschiede, weshalb sich die Corona-Pandemie von der wohl schwersten Krise in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte unterscheidet. Zum einen sei die Reaktion aufseiten der Regierung im Gegensatz zu früher sehr schnell und sehr kraftvoll ausgefallen. Zum anderen sei die US-Wirtschaft vor Ausbruch der Krise in einem wesentlich besseren Zustand gewesen als vor knapp einem Jahrhundert.

Der Notenbankchef verwies auch auf die sehr niedrige Arbeitslosigkeit vor der Corona-Krise und den bis dato längsten Konjunkturaufschwung in der US-Geschichte. Darüber hinaus sei das Finanzsystem heute in einem wesentlich besseren Zustand als zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise.

Auch wenn die durch Corona ausgelöste Massenarbeitslosigkeit zuletzt etwas zurückgegangen ist, treibt die Notenbank die Sorge vor einer weiteren Corona-Welle um, die die Konjunkturerholung untergraben könnte. Auf dem Höhepunkt der Pandemie hatte die Notenbank die trudelnde Wirtschaft mit einem billionenschweren Notfallpaket stabilisiert. Zu Wochenbeginn hat sie nachjustiert und die Bedingungen ihres Kreditprogramms für kleinere und mittlere Unternehmen gelockert.

Die Fed hat ihn seit dem Übergreifen der Corona-Krise auf die USA im März in zwei großen Schritten auf fast null Prozent gesenkt. Anfang März war der Leitzins noch zwischen 1,50 und 1,75 Prozent gelegen.

Die bisherige Reaktion der Fed auf die Corona-Krise ist beispiellos und stellt selbst ihr Eingreifen in der Finanzkrise in den Schatten. Neben Zinssenkungen wurden Wertpapierkäufe in großem Stil getätigt und zahlreiche Kreditprogramme zur Stützung der Wirtschaft aufgelegt.

Die Fed konkretisierte jetzt das Ausmaß ihrer Wertpapierkäufe zur Belebung der Wirtschaft. Die Fed von New York, die für die Abwicklung der Käufe zuständig ist, teilte mit, etwa 80 Milliarden US-Dollar (70,83 Mrd. Euro) je Monat in amerikanische Staatsanleihen zu investieren. Rund 40 Milliarden Dollar je Monat sollen in hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) fließen.

An den US-Börsen baute der Nasdaq-Index nach der Zinsentscheidung seine Gewinne aus. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte und der S&P-500-Index drehten leicht ins Plus. Die Renditen der zehnjährigen US-Staatsanliehen stiegen zunächst, fielen dann aber auf ein Tagestief. Der Dollar gab zum Yen nach, zum Euro sank er auf ein Dreimonatstief. Die Hoffnung auf eine rasche Belebung der US-Wirtschaft nach starken Zahlen vom amerikanischen Arbeitsmarkt hatte die Technologiebörse Nasdaq zuletzt auf Rekordhöhen getrieben und auch die Aktienmärkte beflügelt.