Die Arbeitnehmer in Deutschland haben laut einem Medienbericht allein im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 960 Millionen Überstunden geleistet - davon waren mit 490 Millionen mehr als die Hälfte unbezahlt. Das berichten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) am Samstag unter Berufung auf die Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion. Das Ministerium beruft sich dabei auf Daten des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit.

Demnach wurden 2018 insgesamt 2,02 Milliarden Überstunden gezählt, das sind 1,8 Prozent mehr als 2017. Damit waren 3,8 Prozent aller Arbeitsstunden von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten Überstunden. 1,04 Milliarden Überstunden waren den Angaben zufolge im vergangenen Jahr bezahlt, gut 980 Millionen Überstunden unbezahlt. Das Volumen der Überstunden des vergangenen Jahres entspricht den Angaben zufolge rechnerisch rund 1,2 Millionen Vollzeitstellen.

"Lohndiebstahl"

Arbeitnehmer, die zum Teil auch im Homeoffice arbeiten, leisten überproportional viele Überstunden. "Im Jahr 2017 leisteten Beschäftigte mit Homeoffice-Nutzung im Durchschnitt 5,6 Überstunden pro Woche, während Beschäftigte ohne Homeoffice-Nutzung im Durchschnitt 2,9 Überstunden pro Woche leisteten", heißt es in der Ministeriumsantwort.

Linken-Arbeitsmarktexpertin Jessica Tatti forderte schärfere Regeln für Überstunden. Es sei "fahrlässig, dass die Überstunden mit jedem Jahr weiter ansteigen, ohne dass die Bundesregierung einen Anlass zum Handeln erkennt", sagte Tatti den RND-Zeitungen. "Die Bundesregierung legt die Hände in den Schoß, während Arbeitgeber auf Kosten der Gesundheit ihrer Beschäftigten Milliardenbeträge einsparen, indem jede zweite Überstunde unbezahlt bleibt." Dies sei "Lohndiebstahl".