Ich habe nie gelogen. Ich habe aber auch nie dramatisiert, sondern die Funktion des Gouverneurs der Nationalbank als Stimme der Vernunft verstanden.“ Durchaus emotional nahm Ewald Nowotny auf dem Europäischen Forum in Alpbach Abschied nach elf Jahren an der Spitze der Nationalbank. Man muss die „Stimme der Vernunft“ deshalb sehr ernst nehmen, die mit der aktuellen Konjunkturprognose der Nationalbank für die Industrie bereits leichte Rezession feststellt. Nur dank des privaten Konsums und des Wohnbaus gibt es 0,2 Prozent Wachstum im 3. Quartal.

Am Vorabend der Pensionierung richtete Nowotny einen Appell an die aktuelle Beamtenregierung. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn die derzeitige Bundesregierung die vorbereitete Steuerreform mit 1. Jänner 2020 in Gang setzen würde. Aus makroökonomischer Sicht würde ich mir damit nicht Zeit lassen“, forderte er das Kabinett von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein und das Parlament zum Handeln noch vor den Nationalratswahlen und einer eventuell zähen Regierungsbildung auf.

"Wird vernichtet . . ."

Für die Europäische Zentralbank schlägt Nowotny ein Abgehen vom starren Inflationsziel von zwei Prozent vor, sinnvoller wäre ein Korridor von ein bis drei Prozent. Von Alpbachs Forum-Präsident Franz Fischler wurde Nowotny launig und dankbar mit einem Schnaps verabschiedet. „Dieser Sprit von Alpbach“, versprach Nowotny, „wird vernichtet – in kleinen Dosen.“