In Deutschland steigt in Sachen"Dieselnachrüstung" der Druck auf die Autobranche: Nach Zulassung weiterer Systeme für Hardware-Nachrüstungen älterer Diesel-Autos pochen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), das Kfz-Gewerbe und der ADACauf mehr Zugeständnisse der Autoindustrie. Die Hersteller müssten den Einbau bezahlen, so Schulze, die lange auf Hardware-Nachrüstungen gepocht hatte, am Freitag.

Ähnlich äußerte sich ADAC-Vizepräsident Karsten Schulze, der mehr Sicherheit für Verbraucher bei den Kosten verlangt. "Es gilt nach wie vor: Die Verbraucher haben sich nichts zuschulden kommen lassen und dürfen nicht mit den Kosten belastet werden." Aus Sicht des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) sollte die Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Dieselfahrzeugen von Autoherstellern flächendeckend gefördert und nicht auf Regionen begrenzt werden.

Systeme für mehr als 60 Modelle von Volkswagen

Bisher können in Deutschland bestimmte Diesel-Autos von Volvo, Daimler und Volkswagen wegen zu hoher Schadstoffwerte nachgerüstet werden. Ende Juli war die erste Betriebserlaubnis für Nachrüstsysteme des Bamberger Technologie-Anbieters Dr Pley für verschiedene Volvo-Modelle erteilt worden. Es folgten Genehmigungen für Mercedes-Modelle. Am Donnerstag hatte das deutsche Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) die Betriebserlaubnis für Systeme des Technologie-Anbieters Baumot veröffentlicht. Diese umfasse Nachrüstsysteme für mehr als 60 Fahrzeugmodelle des VW-Konzerns.

Wer zahlt?

"Ich freue mich, dass mein Vertrauen in die deutsche Ingenieurskunst berechtigt war", sagte Ministerin Schulze der Deutschen Presse-Agentur. Nun solle die Technik auch möglichst schnell auf den Markt kommen. Die Kosten für den Einbau müsse die Autobranche tragen, denn sie habe die Probleme verursacht. "Hier erwarte ich, dass die Hersteller, die bisher noch keine Zusagen gemacht haben, noch einmal in sich gehen."

Ziel der Nachrüstungen ist es, dass Fahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 von Fahrverboten ausgenommen werden können. Die Umrüstungen am Motor sind Teil eines Maßnahmenpakets der Regierung für bessere Luft. Deutsche Autohersteller hatten sich nach langer Debatte auf Zuschüsse für Hardware-Nachrüstungen eingelassen. Sie favorisieren Software, um die Abgaswerte zu verbessern.

VW hatte wie Daimler zugesagt, seine Kunden in bestimmten Regionen bei der Hardware-Nachrüstung finanziell zu unterstützen. In den von der Bundesregierung festgelegten Intensivstädten seien bis zu 3.000 Euro für die vom KBA genehmigten Nachrüstungen möglich, sagte ein VW-Sprecher. Über die genauen Rahmenbedingungen werde man in Kürze im Internet informieren. Auch Daimler gibt in "Schwerpunktregionen" 3.000 Euro dazu.

In Deutschland sind weit mehr als fünf Millionen Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 5 auf den Straßen unterwegs. Wegen des hohen Ausstoßes von Stickoxiden (NOx) sind sie an vielen Orten von Fahrverboten bedroht. Der Deutsche Städtetag forderte zuletzt von der Autobranche mehr Tempo bei Abgas-Nachrüstungen direkt am Motor.

"Möglich und notwendig"

ZDK-Präsident Jürgen Karpinski sagte, nachdem nun ein Nachrüstsystem für 60 Fahrzeugmodelle aus dem Volkswagen-Konzern freigegeben wurde, könne die Nachrüstung endlich Fahrt aufnehmen. "Es macht aber wenig Sinn, die Förderung der Umrüstmaßnahmen auf die 15 Städte und deren Grenzregionen zu beschränken, die von Grenzwertüberschreitungen bei Stickoxiden betroffen sind." Das führe zu einem regionalen Ungleichgewicht bei Handel und Verbrauchern. ADAC-Vizepräsident Schulze betonte, es gehe um Gesundheit und saubere Luft in Städten. Es gehe aber auch um den Erhalt der Mobilität für Dieselbesitzer. "Beides zusammen ist möglich und notwendig."

"Wir planen, die ersten Systeme noch im Oktober 2019 auszuliefern", sagte Baumot-Chef Marcus Hausser der Deutschen Presse-Agentur. Nach seinen Worten deckt die vom KBA erteilte Betriebserlaubnis (ABE) etwa 1,3 Millionen betroffene Autos aus dem Volkswagen-Konzern ab. "Weitere ABEs für Fahrzeuge auch anderer Hersteller werden wir in Kürze ebenfalls beantragen. Wir gehen davon aus, zeitnah für alle relevanten Volumenmodelle eine Nachrüstlösung anbieten zu können."

Hardware-Nachrüstung auch in Österreich gefordert

Nachdem in Deutschland die Hardware-Nachrüstung von Diesel-Autos der Marke Volkswagen am Donnerstag vom deutschen KBA amtlich genehmigt wurde, fordert der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV) solche Nachbesserungen nun auch in Österreich. "Es gibt keinen Grund, diese Umrüstungen nicht auch in Österreichs Diesel-Pkw einzubauen," so VSV-Obmann Peter Kolba am Freitag in einer Aussendung.

Die Umrüstungen sollen sobald wie möglich und auf Kosten des Herstellers erfolgen, so Kolba weiter. In praktischen Tests sei nachgewiesen worden, dass "durch diesen nachträglichen Einbau eines Abgasreinigungssystems der Stickoxid-Ausstoß auch von jenen Euro-5-Autos wesentlich reduziert werden können, die zwischen 2010 und 2015 verkauft wurden", so der VSV-Obmann.